Der Nutzen des Rundbriefs
Sehr geehrter Herr Hess,
lange Zeit bereits ... kein Newsletter mehr für mich. Wenn Sie mir die neuesten zusenden, lese ich die fehlenden in einer frohen, freien Stunde nach.
Danke für Ihre Arbeit.
Liebe und viele Grüsse
Ihre Renate Hommel (E-Mail: renatehommel@yahoee.de)
Diese E-Mail aus D-12359 Berlin, die am 6. November 2007 im Textatelier.com angekommen ist, hat mich aufrichtig gefreut. Falls derart freundliche Worte überhaupt als Reklamation empfunden werden könnte, wäre diese berechtigt gewesen. Der letzte Textatelier.com-Rundbrief ist im Februar 2007 erschienen. Ich habe gegenüber Frau Hommel Besserung gelobt.
Der Grund für diese zweifellos allzu grosse zeitliche Zwischenspanne liegt darin, dass eigentlich alles, was über den Weltenlauf zu sagen ist, in unserem ausserordentlich gut frequentierten Blogatelier (bitte öffnen Sie den Link „Alle Blogs“ in der rechten Spalte der Startseite) gesagt werden kann. Seit dem 25. Dezember 2004 gab es noch keinen einzigen Tag, an dem nicht ein Tagebuchblatt ins Netz gestellt worden wäre – häufig sind es deren 2, in Ausnahmefällen sogar deren 3. In der Regel wird täglich um genau Mitternacht ein neues Blog aufgeschaltet. Bei Aktualitäten werden die Texte selbstverständlich unverzüglich, das heisst möglichst schnell, ins Netz eingespeist.
Das war zum Beispiel der Fall, als ich mich am 9.11.2007 für einen mehrstündigen Serverausfall zu entschuldigen hatte, auch wenn dieser nicht im Textatelier.com, sondern von unserem Hoster, dem Datenbankanbieter oder Distributor an der Schaltstelle zum Internet, verursacht worden war. Wir hatten mit ihm in letzter Zeit mehrfach Schwierigkeiten, so dass wir diesen Wirt nun verlassen und uns bei einem neuen (Cyon) eingerichtet haben. Das ist mit dem Wechsel eines Gasthauses zu vergleichen, wenn man mit der Bedienung nicht mehr zufrieden ist, nur viel komplizierter. Ich selber verstehe von der Digitaltechnik zu wenig; zum Glück kennt sich mein Schwiegersohn Urs Walter da aus. Unser Ziel ist es, die Verfügbarkeit rund um die Uhr zu garantieren, was mit ganz wenigen Ausnahmen auch der Fall ist. Aber diese Ausnahmen stören und ärgern mich sehr.
Ist der Rundbrief noch nötig?
Ich habe in der letzten Zeit gelegentlich darüber nachgedacht, ob wir den Rundbrief aufgeben sollen, weil wir im Rahmen unseres Webauftritts an sich über hinreichend Publikationsmöglichkeiten verfügen. Doch kommen praktisch täglich Neuabonnenten hinzu, eine offensichtlich gefragte Gratisleistung. Zudem sind unsere Nutzerinnen und Nutzer, denen zu all dem übrigen Angebot noch ein Mehreres in Newsletter-Form willkommen ist, unsere zweifellos treuesten, interessiertesten Freunde, die keinesfalls enttäuscht werden dürfen. Und es gibt noch einen triftigen Grund für die Beibehaltung: Das Rundbrief-Schreiben zwingt einen immer, auch Interna bekannt zu geben, die sonst in der Hetze des täglichen Gefechts unerwähnt bleiben würden. Und das wäre nicht im Sinne dessen, was wir unter Transparenz verstehen. Diese Durchsichtigkeit bringt Nähe, verbessert das Verständnis und stärkt das Vertrauen.
Ich weiss von meiner jahrzehntelangen Tätigkeit in Druckmedien-Redaktionen her aus eigenem Erleben, dass man mit jedem geschriebenen Wort seine Leserschaft selektioniert. Der Ausleseprozess ist umso intensiver, je pointierter man die Feder schwingt: Man vertreibt einen Teil der Leser und gewinnt neue hinzu. Schön ist es, wenn er Zuzug grösser als das Heer der Vertriebenen ist. Diesbezüglich hatte ich meiner Lebtag ein enormes Glück. Die Auflage, das untrügliche Mass, stieg immer, was mir denn auch insbesondere als Zeitschriftenleiter erlaubte, mich in aller Freimütigkeit und Ehrlichkeit zu äussern. Denn wenn Leser etwas nicht leiden mögen, dann ist es eine Wischiwaschi-Publizistik, die es allen recht machen möchte, sich um klare Aussagen herumdrückt; das ist auch in der Politik so.
Blogger-Eigenschaften
Unsere Tagebuchblätter leben selbstverständlich nicht nur von pointierten Stellungnahmen, sondern auch von leisen, fein nuancierenden Tönen. Einer unserer Autoren, der beide Formen, den Zweihänder (das mit beiden Händen geführte Schwert) und die Malerei in Pastelltönen, ist der Londoner Schriftsteller Emil Baschnonga. Er findet zu jedem Sachverhalt, den es darzustellen gilt, den richtigen Ton, bewegt sich zwischen engagiertem Journalismus und Literatur und hebt gelegentlich ins Fantasiereich ab.
Rita Lorenzetti in Zürich, eine ausgezeichnete Beobachterin, bewegt sich gern in lebensphilosophischen Sphären, ohne die Bodenhaftung aufzugeben. So feinfühlig, wie sie ist, schreibt sie auch. Man könnte mit verschlossenen Augen auf eine Landkarte tippen und sie dorthin schicken, sie würde beobachten und ihre Empfindungen meisterlich beschreiben. Und wäre ihr Standort auf einem Schiff mitten auf dem Meer, würde sie sich an die chinesische Weisheit erinnern, dass das Wasser, welches das Schiff trägt, das gleiche ist, das es verschlingt. Und sie würde sogleich erkennen, wie man solche Situationen bewältigt und Nutzen daraus zieht.
Heinz Scholz , ein publizistischer Schwerarbeiter mit wissenschaftlichem Hintergrund, der aus Südlichen Schwarzwald (dem Wiesental) über all das Kuriose auf dieser Welt berichtet, ist ein zielstrebiger Sammler mit einem Sensorium für die zivilisatorischen Degenerationserscheinungen, die vor allem aus den USA bis zum Überdruss über die staunende Erde ausgebreitet werden. Zudem verfügt er über ein ausgedehntes lebensmittelkundliches Wissen. Die ständigen Manipulationen an den Nahrungsmitteln, die eigentlich Lebensmittel (Mittel zum Leben) sein müssten, entgehen seiner kritischen Aufmerksamkeit nicht. Wir alle können von seinen Erkenntnissen profitieren, auch dann, wenn er Ausstellungen und Wanderungen beschreibt.
Einer der Höhepunkte im jüngeren Blogatelier-Geschehen war die inzwischen 11 Blogs umfassende Serie „Erlebnisse im Kantonsspital Aarau“ von Heiner Keller. In der Regel gehört er wegen seines überreichen Arbeitspensums zu unseren gelegentlichen Bloggern. Doch als er seinem Unternehmen wegen seiner Karriere als mündiger (und dementsprechend schwieriger Patient) einige Wochen fernbleiben musste, brach die Schreibfreude ungestüm aus ihm heraus. Er zeichnete minuziös auf, was er innerhalb des Spitalbetriebs erlebt hatte und schuf damit insgesamt ein einzigartiges Dokument über das Geschehen bei der brutalen Krankheitsvermarktung, das manchmal mehr mit Chaos als auf das Patientenwohl ausgerichteten Strukturen zu tun hat. Ich zweifle nicht daran, dass das in Spitälern Konsequenzen haben wird.
Ranking 4 bei Google
Die Angebotsfülle, die ununterbrochen ins Internet eingespeist wird und die auf die Blogatelier-Nutzer einströmt, lässt den Textatelier.com-Beachtungsgrad ständig anwachsen. Die weltweit wichtigste und leistungsfähigste Suchmaschine, Google (www.google.ch bzw. www.google.de), beobachtet solche Entwicklungen scharf, zählt praktisch jede Bewegung. Aufgrund des Intensivverkehrs hat sie im Oktober 2007 unsere Webseite vom Ranking („PageRank“) 3 auf Ranking 4 empor gehoben, was für eine an internnationalen Massstäben gemessene com-Seite schon ein sensationeller Erfolg ist.
Dies hat zur Folge, dass wir bei Suchaktionen (nach Begriffen) in der Auflistung immer sehr weit vorne sind. Ein Beispiel: Soeben gab ich „Kantonsspital Aarau“ ins Suchfenster ein. Das erbrachte ungefähr 2 650 000 Treffer, und die Berichte von Heiner Keller werden an 26. Stelle angezeigt. Und bei der Eingabe „SMDK Kölliken“ sind wir im Moment an 5. und 6. Stelle von 2330 Nennungen.
Die gute Rangierung erhöht den Beachtungsgrad und den Nutzerverkehr zusätzlich – die Aufwärtsspirale dreht sich. Die Zahl der täglichen Zugriffe bewegt sich auf 12 000 bis 17 000, pro Monat sind es rund 400 000, was gegenüber dem Vorjahr ziemlich genau einer Verdoppelung entspricht. Das ist für uns Genugtuung und Motivation zugleich.
Auf einen einfachen Nenner gebracht: Wir schreiben weiter. Lustvoll. In aller Unabhängigkeit. Ehrenamtlich. Der einzige Lohn: Ihre Aufmerksamkeit. Die Höhepunkte: Ihre Rückmeldungen.
Walter Hess
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Mäh’n Äbte Heu?
Eine Leserzuschrift
Lieber Herr Hess
Ihr neuer Rundbrief hat mich gleich zu einer Replik herausgefordert:
Um die Schwierigkeiten der neuen deutschen Rechtschreibung zu illustrieren, erwähnen Sie den schönen Nonsens-Satz, den ich in folgender Form kenne:
„Mäh’n Äbte Heu? – Nie mäh’n Äbte Heu. – Mäh’n Äbte, mäh’n Äbte Gras.“
Der Witz dieses Satzes besteht ja nicht darin, dass er eventuell mit Regeln der Rechtschreibung kollidiert, sondern darin, dass er verwirren soll. Er gehört zu den Sätzen, die nur ausgesprochen, nicht geschrieben wirken.
Wenn man ihn nämlich in hoher Geschwindigkeit aufsagt, und zwar so wie oben geschrieben: Nicht „Mä-h-en“, sondern „Mähn“, und alle Wörter schön aneinander bindet, entgegen der deutschen Gewohnheit, jedes Wort schön einzeln auszusprechen, dann hört man die einzelnen Wörter nicht mehr. Wenn man also seine Zunge in dieser Hinsicht ein wenig geübt hat, entsteht ein Satz, der exotisch klingt und den niemand versteht! Der listige Sprecher kann seinen Zuhörern dann vorgaukeln, was ihm gefällt, das sei die Sprache in Urumqi oder was ihm gerade einfällt ...
Oder liegt hinter den Äbten, die beeten, ein anderer Witz, den ich nicht erkannt habe?
Zu dem Kummer mit der unpraktischen neuen Rechtschreibung noch eine kleine Bemerkung:
Diese verwirrenden Regeln werden zusammen mit der zunehmenden Zahl von Flüchtigkeitsfehlern beim Schreiben dazu führen, dass wir uns wieder wie in vergangenen Jahrhunderten unsere Rechtschreibung selbst erschaffen. Konrad Duden mag sich in seinem Grabe grämen oder nicht, in den Jahrhunderten vor seinem Werk schrieb man auch nach vielen verschiedenen Regeln oder so, wie einem der Schnabel gewachsen war. Trotzdem ist in jenen Jahrhunderten grosse Dichtung entstanden, sind tiefsinnige Traktate geschrieben und wichtige Verträge zu Papier gebracht worden, gelesen und verstanden von allen, die sich darum bemühten.
Ihnen wünsche ich vor allem unzählige anregende Ideen für Textatelier.
Mit herzlichen Grüssen
Maja Petzold ( E-Mail: maja.petzold@freesurf.ch)
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