Textatelier
Herbst / Lebenshilfsmittel Feng Shui

Herbst

In des Herbstes herben Hallen
dampft es dumpf,
und die Blätter lallen
leis' beim Fallen.

Bettina Bauer

Lebenshilfsmittel Feng Shui

Lieber gesund und reich als arm und krank...

Liebe Textatelier-Freunde, Kunden, Bekannte

"Ich gratuliere zum Newsletter 3 – gibts da kein deutsches Wort dafür?"“ Das schrieb mir mein Bruder Rolf P. Hess kürzlich aus Cebu. Er kennt meinen Widerwillen gegen das Denglisch, gegen die Anglizismen eben, die uns auf Schritt und Tritt verfolgen und die nicht allein die deutsche Sprache überwuchern. Der Präsident der Dänischen Kolonie in der Schweiz, Eigil Hansen (www.dansk.ch), klagte mir kürzlich auf einer Rheinfahrt beim Dreiländereck in Basel, auch das Dänische werde zunehmend durch englische Ausdrücke verhunzt. Die Spanier ihrerseits leiden unter dem Spanglisch und die Franzosen unter dem Franglisch. Die meisten Sprachen werden zu Hybriden – inklusive die Kulturen. Das Schweizer Radio DRS 1 bringt fast nur noch US-amerikanischen Sing-Song, Brechreize auslösend.

Und so bin ich denn in mich gegangen und habe nach einem deutschen Wort für Newsletter gefahndet, um nicht auch noch einen Beitrag zur zunehmenden Amerikanisierung zu leisten. Wörtlich übersetzt heisst das etwa Nachrichtenbrief oder, noch schwerfälliger: Neuigkeitenbrief, Neuheitenbrief. Die Lösung heisst Rundbrief: Ein Brief, der in zahlreichen Exemplaren an zahlreiche Empfänger gesandt wird, ob als Papier oder elektronische Datei. Das ist ein treffendes altüberliefertes, in Deutschland noch erstaunlich häufig gebrauchtes Wort, das an einen Kreis erinnert, an etwas, das rund läuft, Verbindungen schafft und sich nicht verliert. Eine Unterstützung der internetten Neubelebung ist durchaus gerechtfertigt.

Auch in der chinesischen Harmonielehre Feng Shui, die sich nicht allein auf das schönere Wohnen, sondern auf die Lebensgestaltung insgesamt erstreckt, spielt der Kreis eine wichtige Rolle. Er symbolisiert kraftvoll das Universum, in dem sich Himmel (Yang) und Erde (Yin) vereinen und wird deshalb auch häufig für Firmenlogos verwendet. Und dem Feng Shui gilt dieser einleitende Artikel dieses Rundbriefes. Die Themenwahl erfolgte aus der Gewissheit heraus, dass unsere Nutzer daraus neue Einsichten und Erkenntnisse gewinnen können, die ihre Lebensqualität wesentlich erhöhen können. Aus dem gleichen Grund haben wir unter GLANZPUNKTE eine spezielle Rubrik FENG SHUI geschaffen, wo Sie sich eine erste Auswahl von Artikeln zu Gemüte führen können. Weitere werden folgen.

Das Feng Shui ist eine wahrscheinlich über 5000 Jahre alte Lehre aus China, die mich nicht nur wegen ihrer Naturverbundenheit, sondern auch wegen ihrer kosmischen Sichtweise seit Jahren fasziniert hat. Im Juli 1997 haben wir einen Feng-Shui-Berater nach Biberstein eingeladen. Er gab der Lage unseres Hauses die besten Noten. Im Rücken haben wir den Jurahügelzug, der hier eine Einbuchtung hat, was mit dem Bild der Schutz bietenden Schildkröte in Verbindung gebracht wird. Auf der rechten (östlichen Seite) setzt sich die liebliche Hügellandschaft fort (Tiger, Yin, das Weibliche); dorthin strömt (der Hauptwindrichtung entsprechend) die verbrauchte Energie ab. Auf der Vorderseite (Süden) fliesst die Aare, und die flache und unregelmässig verlaufende Mauer, die das fehlende Wasser gegebenenfalls ersetzen könnte, ist dort auch vorhanden. Doppel genäht hält besser. Rechts (immer vom Haupteingang aus betrachtet), sind die niederen Bäume; es ist die Drachenseite, die dem Männlichen (Yang) zugeordnet und im Moment etwas vernachlässigt ist. Trostworte werden gern entgegengenommen...

Inzwischen habe ich vieles über dieses alte Wissen gelesen und ausprobiert, das universell gültig ist und für die Wohnungs- und Gartengestaltung viele bewährte Grundsätze bereithält; die Resultate überzeugen jeweils vollumfänglich. So habe ich den ursprünglichen Zickzack-Zugang zu unserem Haus in einen geschwungenen Bogen umgewandelt, und der Energiefluss ist jetzt ideal; jedermann spürt das. Eine tote Ecke im Essraum haben wir durch einen Zimmerbrunnen belebt; der Raum war plötzlich von Lebensenergie (Qi) erfüllt und wirkte grösser. Belebtes Wasser spielt auch auf der Südostseite (Brunnen und Weiher mit Springbrunnen) eine wesentliche Rolle. Ein winziges gefangenes (fensterloses) WC-Räumchen wurde mit einem Mobile aus Glöckchen, die aus der Zeit des Jugendstils stammen könnten, einem schwungvoll montierten farbigen Tuch und einem Seidenblumenbukett in Schwung gebracht. Ein Wohnraumfenster, das sich genau gegenüber der Eingangstür befindet, wurde mit einer runden Wappenscheibe versehen, so dass die Lebensenergie im Wohnraum zirkuliert und nicht einfach durchsaust, ohne die günstigen Eigenschaften entwickelt zu haben.

Im Prinzip geht es immer um Harmonien, Formen, vor allem organisch geschwungene Linien (wie auf der Internet-Einstiegsseite des Textateliers), um Farben sowie unter viel anderem um den Leben spendenden und -erhaltenden Atem (Feng Shui heisst Wasser und Wind), zu dem auch die kosmischen Einwirkungen gehören. Und das alles zielt auf die Steigerung und Verbesserung des menschlichen Wohlbefindens ab. Nicht zuletzt aber geht es auch um die Erhöhung des geschäftlichen Erfolges, und dieser hat den Chinesen Recht gegeben: sie gelten in den meisten asiatischen Ländern als die besten Unternehmer.

Das kalauernde Motto "Lieber gesund und reich als arm und krank" trifft die Feng-Shui-Philosophie exakt. Und es ist zweifellos so, dass Lebensumstände, die zu Wohlbehagen und Wohlbefinden beitragen, auch die besten Voraussetzungen für den beruflichen und geschäftlichen Erfolg sind. Es sprechen somit alle Gründe dafür, für Lebensumstände besorgt zu sein, die sich dem Idealbild nähern. Alle Menschen sollten diesbezüglich das Möglichste tun. Weil im Feng Shui vieles mit den Himmelsrichtungen zusammenhängt, gilt es sozusagen dafür zu sorgen, dass man nicht verkehrt in der Landschaft herumsteht.

Aus dem Studium landläufger Häuser und Wohnungen wird augenfällig, dass meistens das Prinzip Zufall beim Bau und bei der Einrichtung Regie geführt hat, dass gestalterische Ideen fehlen und die Voraussetzungen für harmonische Energieflüsse verbaut wurden, weil man noch nie davon gehört hat. Da könnten einige Orientierungspunkte und Grundregeln wahrlich nicht schaden. Es gibt zahllose Feng-Shui-Bücher, und das Thema taucht in Zeitschriften und Zeitungen immer häufiger auf. Offensichtlich besteht heute mehr denn je das Bedürfnis, aus dem Wohnraum-Chaos bewusst auszubrechen und stattdessen intelligent arrangierte Lebensräume zu gestalten, in denen man sich rundum wohl fühlt.

Das Textatelier möchte seinen Beitrag dazu leisten und einen seiner zahlreichen thematischen Schwerpunkte auf dieses Thema legen; denn es besteht ein offensichtliches Manko an gut verständlichen Darlegungen, welche die uralten chinesischen auf unsere heutigen Verhältnisse übertragen, ohne sie im Kern zu verändern. Es geht darum, die eigenen 4 Wände nach allgemein gültigen Harmoniegesetzen attraktiver zu gestalten.

Unseren Freunden machen wir das Angebot, Feng-Shui-Themen, die für sie wichtig sind, zu privaten (nicht kommerziellen) Zwecken gratis zu beschreiben. Schreiben Sie uns Ihre Frage! In Arbeit sind im Moment gerade Texte über folgende Feng-Shui-Aspekte: Treppen, Farbe Grün, Harmoniegesetz, Gesundheitsregeln, Gartenweiher, Buchsbaum, Zimmerbrunnen, Zahlen usf.

Machen Sie bitte auch Ihre Freunde und Bekannten auf die exzellenten Leistungen des Textateliers aufmerksam, auf dass auch bei jenen Leuten alles rund läuft und der eingangs erwähnte Kreis grösser werde. Man wird es Ihnen zu danken wissen.

Walter Hess


Energiefluss in einer vorher unbeachteten Ecke: Zimmerbrunnen

* * *


Ghostwriter- und Übersetzer-Schicksale

Ghostwriter- und Übersetzer-Schicksale

Kürzlich fragte mich ein Handwerker, ob denn das Textatelier in der Lage sei, für ihn zu günstigen Konditionen einen Brief aus dem Polnischen in die deutsche Sprache zu übersetzen. Als Sprachwerker versprach ich ihm, eine Lösung zu finden, obschon Übersetzungen nicht zu unserem Angebot gehören und mir die polnische Sprache leider fremd ist. In der Regel verweisen wir Kunden an professionelle Übersetzungsbüros.

Einfache Texte können mit maschinellen Programmen, die im Internet installiert sind (wie zum Beispiel http://babelfish.altavista.com/) übersetzt werden, und man kann aus dem Gestammel dann meistens den Sinn mit etwas Phantasie schon noch herauslesen, allenfalls noch unter Beizug eines Wörterbuches. In der Regel geht es bei diesen Maschinen immer um Übertragungen ins Englische oder um solche aus dem Englischen. Exotik-Kombinationen wie Polnisch – Deutsch sind nicht im Angebot.

Beim Studium maschineller Übersetzungen erinnere ich mich jeweils an meine frühen Kindheitsjahre. Schon damals war ich ganz versessen auf Wörter, versuchte alles zu entziffern, was mir zu Gesichte kam, Zeitungen, Flugblätter, Briefe, auch angeschriebene Häuser. Und bei fremden Sprachen dachte ich, man müsste nur die einzelnen Buchstaben vertauschen. Ich studierte die damals 3- oder gar 4-sprachig beschrifteten Lebensmittel-Verpackungen und sah bald einmal ein, dass jede Sprache für jedes Ding und jedes Wort einen eigenen Begriff verwendete, der nicht durch ein einfaches Buchstaben-Vertauschen zu ermitteln war. Man muss fremdsprachige Wörter schlicht und einfach auswendig lernen und sich einprägen.

In einer späteren Phase merkte ich dann noch, dass man nicht einfach Wort-für-Wort-Übersetzungen machen kann, wie das auf der Tomatendose noch möglich ist (Tomaten, Tomates, Pomodori). Wenn es um ganze Sätze geht, hat man den Sinn einer Aussage zu erfassen, und dieser Sinn muss in der Denkweise der Zielsprache wiedergegeben werden. Vielfach sind ganz andere Wörter, d.h. die Umsetzung in andere Bilder, erforderlich. Schon Sankt Hieronymus wusste, dass beim Übersetzen "non verbum e verbo, sed sensum exprimere sensu" ("nicht Wort für Wort, sondern Sinn für Sinn") zu beachten ist, will man nicht Nonsens produzieren. Zudem hat jedes Wort 2 Grundqualitäten: Klang und Bedeutung. Und das kompliziert die Übersetzung noch einmal, weil man die sich ständig wandelnde Denkweise und Klangwelt einer anderen Kultur begriffen haben muss. Sprachen sind verdreht, zerschlissen, schemenhaft, dem Zeitgeist unterworfen, unpräzise; auch solche Aspekte sind zu berücksichtigen.

Gerade die osteuropäischen Sprachen haben solche Zusammenhänge seit je erkannt, und die Wortbedeutungen verraten einen ausgesprochenen Tiefgang im Denken. So ist das tschechische prekladat (übersetzen) gleichbedeutend mit dem deutschsprachigen überlegen. Im Polnischen heisst tlumaczic (übersetzen) wörtlich erklären, und das russische pjerevodit (übersetzen) heisst genau genommen überführen. In diesen Wörtern offenbaren sich die wesentlichsten Aufgaben des Übersetzers. Er muss etwas, das in einer bestimmten Sprache geschrieben worden ist, in einer anderen Sprache erklären, das heisst er muss einen Text derart umwandeln, dass er in einer anderen Kultur verständlich wird und die Botschaft ihren Sinn unverändert behält. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass viele gleichlautende Wörter in anderen Kulturräumen andere Bedeutungen haben.

Im Zusammenhang mit der Aufgabe, den erwähnten Brief aus Polen mit den für uns teilweise fremdartigen slawischen Schriftzeichen wie orale und nasale Vokale zu übersetzen, zog ich mit kühnem Griff das Buch "Zur Literatur und Kultur Polens" von Karl Dedecius (erschienen 1981 im Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main) aus meiner Bibliothek. Das war zwar keine Übersetzungshilfe (diese fand ich bei einem Übersetzer in Polen). Doch in dem Buch ist die Kunst des Übersetzens in geistreicher, einzigartiger und umfassender Weise dargestellt.

Dedecius, damaliger Leiter des Deutschen Polen-Instituts (bis 1998) und bedeutendster Polenkenner Deutschlands, schreibt darin: "Mich reizt am Übersetzen gerade die Gelegenheit der Metamorphose, die vielfache Möglichkeit, mit Hilfe des Mediums Sprache ein Jahrhundert früher und später zugleich zu erfahren, die hellen und die dunklen Töne zugleich zu hören, in einem Leben mehrere Leben zu erleben. Der literarische Betrieb von heute hat den Autor aus seinem Paradies vertrieben. Seine Lage ist nicht selten mit der eines Filmstars vergleichbar. Man kennt seine Augenfarbe, seinen Haarschnitt und seine Schuhgrösse. Man hat sich an seinen Tonfall, seinen Gang und seine Grübchen gewöhnt; man liebt sie und verlangt nach ihnen immer wieder, in jedem Streifen, in jeder Position. Der Übersetzer dagegen darf noch ungehindert, sogar legitim, die Haut wechseln, in seinem nicht alltäglichen Alltag Tragödien mitleiden und an Komödien teilhaben, so er nur will. Er darf Abend für Abend in einem anderen Stück auftreten und eine multiplizierte Vielfalt des Daseins und der Charaktere geniessen."

Karl Dedecius erwähnt dann noch, solche Anforderungen seien es, die das Übersetzen zur Kunst erheben würden. Doch das Resultat sei nicht immer ein Kunstwerk. Es gebe "gute, miserable, treue, freie, interlineare, parodierende, interpretierende, adäquate, sogar kongeniale" (einem genialen Werk entsprechende). Alle nenne man einfach "Übersetzung", und in jedem Fall handle es sich um etwas anderes. Voltaire sagte einmal, Übersetzungen seien wie Frauen: entweder schön, dann nicht treu, oder treu, dann eben nicht schön.

Viele Berufe haben mit Verwandlungen zu tun, nicht allein die Übersetzer, sondern auch die erwähnten Schauspieler, aber auch die Ghostwriter. Diese müssen in der Lage sein, unterschiedliche Rollen zu spielen, vielleicht jeden Tag eine vollkommen andere. Und das sind ausserordentlich anspruchsvolle Aufgaben. Schon das Schreiben nach eigenem Gefühl ist schwierig genug, eine Tätigkeit, die aus Tausenden von einsamen Entschlüssen besteht; "jedes Wort stellt uns vor neue Probleme, deren Lösungen wir nirgendwo fix und fertig nachschlagen können" (Dedecius). Und noch unendlich viel schwieriger ist, gewissermassen mit einer fremden Feder (aber mit dem gleichen Hirn) zu schreiben, die Sicht-, Denk- und Argumentationsweise eines anderen Menschen zu übernehmen, heroische Herausforderungen, die mehr oder weniger gut herauskommen. Da sind Feinfühligkeit und subtiles Sprachgefühl nötig. Oft ist Undenkbares und Unerklärliches denkbar beziehungsweise erklärbar zu machen.

Preisfragen

Nicht immer stimmt der Lohn für eine Arbeit mit dem Umfang der Ansprüche überein. Sonst müssten die Manager, die zahllose Traditionsunternehmen heruntergewirtschaftet und dafür Millionen kassiert haben, Geld bringen statt erhalten. Die Preise für Arbeitsleistungen (Löhne) ergeben sich aus verschiedenen Randbedingungen, die manchmal schwierig zu durchschauen sind. Die Gerechtigkeit macht manchmal Pause.

Im Sommer 2002 hatte ich den anspruchsvollen Text einer Rede zu formulieren, die in Frankreich vor einem internationalen Publikum in englischer Sprache vorgetragen wurde und bei der Dutzende von Vorgaben zu erfüllen waren; sie betrafen u.a. Inhalt, geschichtliche Bezüge, Form, auflockernde Elemente, usf. Ich schrieb den Text in deutscher Sprache, den wir von einem renommierten Büro ins Englische übertragen liessen. Es erwies sich, dass die Übersetzung um ein Drittel teurer war als das Verfassen des Redetextes. Die Rechnungsstellung bezieht sich in solchen Fällen auf die Zahl der Normzeilen zu zirka 55 Anschlägen, wenn nichts anderes vereinbart ist: Der Textatelier-Ansatz beträgt 3 CHF pro Normzeile; derjenige der Übersetzer 4 CHF.

Ich habe mich mit unserer Lyrikerin Bettina Bauer über diese Preisdifferenz unterhalten. Diese sprachkundige Textatelier-Autorin hat bereits zahlreiche, vor allem wissenschaftliche Werke aus der englischen in die deutsche Sprache übertragen. Ich fragte sie mit Bezug auf die erwähnte Preisdifferenz, was denn anspruchsvoller sei, eigene Texte zu schreiben oder einen vorgegebenen Text zu übersetzen. Sie schrieb mir dazu einleitend, es gebe auch billigere Übersetzungen; doch müsse man dann in der Regel mit einer miserablen Qualität rechnen.

Zu meiner Frage führte sie aus: "Ich kenne beides aus eigener Erfahrung: Originaltexte schreiben und Texte anderer Autoren übersetzen. Es ist beides gleich anspruchsvoll, und in beiden Fällen kann man oberflächlich arbeiten bzw. pfuschen oder sich alle Mühe geben bzw. das Beste aus einem Text machen (es gibt sogar Übersetzungen, die besser sind als das Original; in diesem Fall war der Übersetzer seiner Arbeit gegenüber anspruchsvoller als der ursprüngliche Autor).

Vom Handwerklichen her ist das Übersetzen allerdings etwas ganz anderes als das Schreiben eigener Texte. Das ist ein bisschen wie Ghostwriting: Die Absichten des Autors sollten so genau als möglich wiedergegeben werden, d.h. der Übersetzer muss versuchen, sich mit dem Autor zu identifizieren. Das kann so weit gehen, dass auch dessen Stil in der Übersetzung imitiert wird. Die perfekte Übersetzung vereinigt alle diese Ansprüche und muss erst noch flüssig zu lesen und sprachlich perfekt sein. Voraussetzung ist die Beherrschung sowohl der Ausgangs- als auch der Zielsprache; insofern ist das Übersetzen anspruchsvoller als das Originalschreiben, das die Kenntnis nur einer Sprache erfordert.

Gute Übersetzungsbüros können sich auf kommerziellem Gebiet eine goldene Nase verdienen, besonders wenn ihre Zielsprache nicht jene der Region ist, in der sie arbeiten, also z.B. Englisch im deutschen Sprachgebiet. Allerdings sieht das auf literarischem Gebiet ganz anders aus. Die Verlage honorieren auch sehr gute Übersetzungen von Romanen usw. nur mit einem besseren Trinkgeld. Deshalb gibt es in der Literatur so oft schlechte Übersetzungen. Da pro Seite honoriert wird, wenden viele Übersetzer so wenig Zeit als möglich für ihre Arbeit auf, um wenigstens einigermassen auf ihre Kosten zu kommen."

Die Folgen bleiben nicht aus. Der US-Dichter Robert Frost sagte einmal frustriert: "Das Dichterische ist das, was beim Übersetzen verloren geht." Es geht beim Übersetzen und ebenso beim Ghostwriting auch um ein Übersetzen im übertragenen Sinne, um eine Überquerung, gewissermassen hinüber von einer Flussseite auf die andere, also um den Übertritt in eine fremde Welt. Und während der Flussüberquerung muss die Anpassung an die Verhältnisse auf der anderen Seite erfolgen, ohne dass es dabei zu Verlusten kommt.

Den Idealfall hat Bettina Bauer erwähnt: Besser sein als das Original. Wir wollen das im leicht abgewandelten Sinn zu unserem Leitmotiv erheben: Beste Originale kreieren – trotz attraktiver Tarife.

Walter Hess

Herbstzeitlosen

Herbstzeitlosen lauschen leise
auf die ewige Weltenweise,
recken blasses Blütenblau
schüchtern ins Septembergrau.

Bettina Bauer