Textatelier
BLOG vom: 16.12.2005

Das Rassismus-Medientheater gehörte zur Hysterisierung

Autor: Walter Hess
 
Was haben die hilflosen Medienkonsumenten doch alles an Rassismus-Gewäsch über sich ergehen lassen müssen,  nachdem auf eine im Toggenburg lebende Arzt-Familie mit der aus Afrika stammenden Ehefrau und 2 dunkelhäutigen Kindern „rassistische Angriffe“ über sich ergehen lassen musste. Diskussionsrunde um Diskussionsrunde mit Rassismus-Experten wurde abgespult, und es wurden Untersuchungen darüber angestellt, ob die rechtschaffenen Toggenburger denn rassistischer als die übrige Menschheit seien. Touristen sagten ihre geplanten Skiferien im Toggenburg ab. Es kam zu einer Solidaritätskundgebung gegen Rassismus, und im St. Galler Kantonsrat wurde eine entsprechende Motion dringlich behandelt.
 
Ich selber bin im Toggenburg aufgewachsen und zwar im Neu-Toggenburg (St. Peterzell), und man hätte mich fragen können: Die Toggenburger sind rechtschaffene, schollenverbundene und liebenswerte Menschen. Das war auch in den vergangenen Wochen nicht anders:
 
Wie sich jetzt herausgestellt hat, konnte laut der St. Galler Staatsanwaltschaft von Rassismus aller Wahrscheinlichkeit nach keine Rede sein. Eine 43-jährige, angeblich psychisch kranke Frau, die ihre Drohbriefe (nicht aber die Sachbeschädigungen) gestanden hat, suchte offenbar mehr Nähe zu ihrem Arzt und schrieb 17 Briefe mit primitivem, rassistischem Inhalt. Das tat sie vielleicht in der Hoffnung, die Arztfrau zu vertreiben – und nun wandert die ganze Familie von Alt St. Johann nach Südafrika aus.
 
Mich interessieren diese Vorgänge im Einzelnen weniger als die mediale Behandlung dieses Falls. Wie bei der Vogelgrippe und der Geschichte mit den gefährlichen Hunden, die von ihren Haltern zu Kampfhunden umfunktioniert werden, ist eine zunehmende Hysterisierung festzustellen, eine krankhafte Übertreibung und masslose Aufbauschung, die ebenso in psychiatrische Behandlung gehört wie die erwähnte Arzt-Patientin – hier wie dort kam es zu Aufgeregtheit, zu Überspanntheit, im einen Fall möglicherweise aus einer exzessiven Zuneigung heraus, im anderen aber wegen Auflage- beziehungsweise aus Quotengründen.
 
Jener offenbar wachsende Teil der Medienschaffenden, der zur Hysterisierung neigt, müsste daraufhin programmiert werden, die wesentlichen Vorgänge zu erkennen und zu behandeln. Dazu zähle ich in diesen Tagen den WTO-Gipfel in Hongkong. Dort wollen die USA, Australien, Neuseeland und Kanada gerade an ihren milliardenschweren Subventionen für Agrarprodukte festhalten, damit die armen Staaten weiterhin niedergehalten werden können.
 
Das wären Vorgänge, die aufgeregte Diskussionen verdient hätten und die zudem unsere durch die neoliberale Globalisierung ohnehin zunehmend bedrängte Landwirtschaft betreffen. Doch die Mainstreammedien weigern sich beharrlich, das Wesentliche zu behandeln und zu Brainstreammedien zu werden. Einige rassistische Sprüche, der Leinenzwang für Hunde und die Ankündigung von Vogelgrippe-Pandemien sind ihnen lieber. Solche Themen sind auch einfacher zu behandeln.
 
Heute Freitag durfte unser liebes Geflügel endlich wieder ins Freie, obschon sich in Sachen Vogelgrippe überhaupt nichts geändert hat. Auch die teure Einsperr-Übung war erwiesenermassen ein Nonsens. Vielleicht sollte man die frei gewordenen Ställe mit Medienleuten bevölkern (Bodenhaltung) und ihnen den Auftrag mitgeben, in aller Ruhe einmal über ihre Prioritätensetzung nachzudenken, unter anderem auch mit dem Ziel, ihre Glaubwürdigkeit wiederherzustellen.
 
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