Textatelier
BLOG vom: 04.03.2006

Reaktionen auf Blogs (29): Hungerhaken für die Rippen-Show

Präsentation der Leserpost: Walter Hess
 
„Der Hinweis, dass die heutigen Top-Models kein Vorbild für Jugendliche sein können, ist völlig richtig und wird schon dadurch bekräftigt, dass diese in keiner Weise repräsentativ für die Bevölkerung sind.“ Dies schrieb Martin Eitel (E-Mail: m.eitel@gmx) ans Blogatelier. Er bezog sich aufs Tagebuchblatt „Spindeldürre Models – schlechte Vorbilder für Jugendliche“ vom 01. 02. 2006, das Heinz Scholz verfasst hatte.
 
Der Blog-Kommentator Eitel begründete seine Erkenntnisse über Models als Ausnahmeerscheinungen innerhalb des Menschengeschlechts wie folgt: „Das fängt schon mit der Grösse an, die überwiegend zwischen 175 und 180 cm und damit weit über der durchschnittlich grossen Frau liegt.
 
Richtig ist auch der Hinweis im Blog auf die Dove-Werbung, die sich hinsichtlich der darin auftretenden Frauen weit eher als die sonstige Werbung an realen Frauen orientiert. Die Werbung mit Models, die fast keine Gemeinsamkeiten mit realen Frauen haben, sondern gewissermassen fast schon Kunstprodukte sind, ist aber nur einer der zahlreichen Punkte, die in der Werbung deplatziert sind. Eine solche Werbung ist letztlich wegen ihrer Realitätsferne ineffektiv. Ein erfahrener Werbeprofi, dessen Name mir aber gerade nicht einfällt, obwohl ich erst vor kurzem seine vernichtende Kritik an weiten Teilen der Werbung gelesen habe, hat völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass bei vielen Werbeanzeigen und Werbespots keine wesentliche Botschaft herübergebracht wird, und er hat daraus den Schluss gezogen, dass in der modernen Werbung jährlich Milliarden in den Sand gesetzt werden, weil der Nutzen der Werbung nicht kritisch ausgewertet wird.
 
Dass die meisten dieser Models, so wie sie uns präsentiert werden und die letztlich nicht mehr reale Frauen, sondern eine Art Kunstprodukt sind, zeigen auch diverse überraschende Schnappschüsse von Pamela Anderson, Heidi Klum, Madonna und ähnlichen ‚Traumfrauen’, wenn sie sozusagen auf dem falschen Fuss erwischt worden sind, also ohne langwierige Vorbereitungen durch Friseure und ähnliche hilfreiche Personen, die sie gewissermassen optisch aufbereiten.
 
Ehrlich gesagt, sieht man Tag für Tag, sei es an der Universität, im Sportstudio, im Büro oder auch in einem Supermarkt zahlreiche ganz reale Frauen, die ohne solche Helfer schöner, attraktiver und natürlicher aussehen als solche aufgestylten Models.“
 
Soweit die bemerkenswerte Zuschrift, der nur zugestimmt werden kann. Auch unserem Autor Heinz Scholz sprachen diese Ausführungen aus dem Herzen. Er verwies auf einen Bericht in der „Badischen Zeitung“, worin die „Castingshow als ,Schule für Hungerhaken’“ bezeichnet worden ist: Modelcastings im Fernsehen, in denen junge Mädchen mit einem übertriebenen Schlankheitswahn unter Druck gesetzt werden, sind unverantwortlich", sagte die Beauftragte für Verbraucherschutz der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Julia Klöckner, in „Bild“. Cornelia Pieper (FDP) meinte: „Die Sendung sollte aus dem Programm genommen werden, weil sie junge Mädchen verbiegt." Es drehe sich alles nur um „Oberflächlichkeiten wie Schönheit, Reichtum, Drang nach Öffentlichkeit".
 
Scholz im Weiteren: Das Boulevardblatt „Bild“ hatte eine Kampagne gegen die „Rippen-Show“ gestartet. Die abgelehnte Frau mit einer Grösse von 1,76 und 52 Kilo Gewicht hatte einen Body-Mass-Index (BMI) von 16,8. Die Werte für das Normalgewicht liegen nach Standards der WHO zwischen 18,5 und 24,9. Der Fernsehsender Pro7 wies die Kritik zurück: „Die Sendung animiert auf keinen Fall zur Magersucht“, sagte eine Sprecherin gegenüber dpa.
 
Wenn Rücken zucken statt entzücken
Rainer Meyer (E-Mail: dr2meyer@teleport.ch) schrieb an Rita Lorenzetti, die das eindrückliche, tief aus dem Alltagsleben gegriffene Blog „Haste noch Worte? – Wenn Computer oder Rücken streiken“ (19. 02. 2006) verfasst hatte:
 
Liebe Frau Lorenzetti,
Auch ich habe Probleme mit meinem Rücken; vorwiegend deswegen, weil ich seit Jahrzehnten verkrümmt vor dem Bildschirm sitze. Ratschläge hierzu gibt Ihnen jeder geneigte Zeitgenosse.
 
Was jedoch die Stundenpause für Ihre Tastatur angeht: Sofern es sich um eine drahtlose handeln sollte, was ich vermute: Bitte Batterien auswechseln und an den beiden Connect-Knöpfen einige Sekunden drücken. Sofern es sich um eine drahtgebundene Tastatur handelt, bitte einfach nachschauen, ob sich beim Staubsaugen/-wischen nicht der Stecker gelockert hat.
 
Wenns nur beim Kreuz ebenso einfach wär'!
Gruss!
R. Meyer
 
PS: Als bei meinem Kasten dieses Problem zum ersten Mal auftrat, versorgte dieser in meiner zeitweiligen Abwesenheit all mein Geschreibsel dieses Abends in ein Directory mit Namen "6..? a_$". Mich tröstet, dass versiegende Batterien oder Akkus in einer Art Exploit oder Angst-Trieb ihr eigenes Wesen haben.
 
Rita Lorenzettis Antwort:
 
Lieber Herr Meyer
 
Danke für Ihre E-Mail. Am meisten freute mich die Bemerkung zu den Rückenproblemen: „Ratschläge hierzu gibt Ihnen jeder geneigte Zeitgenosse.“ So ist es – und das gibt einem jeweils gerade noch den Rest.
 
Thema Tastatur-Streik: Auch ich suchte nach lockeren Steckern und fand keinen. Nur die Ruhe-Phase hat sich positiv ausgewirkt. Sie hätte vielleicht nicht eine Stunde dauern müssen, aber ich habe sie meinem iMac grosszügig gewährt.
 
Danke für Ihr Interesse am Blogatelier und wohltätige Grüsse an Ihre Wirbelsäule.
Rita Lorenzetti
 
Vogelgrippe-Alarmismus
„Ich bin regelmässig auf Besuch bei Ihren Aufsätzen, ich möchte diese nicht mehr missen!“ schrieb Klaus Fischer E-Mail: klausfischer@tic.ch ) aus Weggis am Vierwaldstättersee ans Blogatelier. Und er fügte zu diesem netten Kompliment einen Tip an: Zum Thema Vogelgrippe brachte auch Mathias Bröckers etwas. Falls Sie sein Blogatelier nicht kennen – ich kann es Ihnen sehr empfehlen: http://www.zweitausendeins.de/writersblog/broeckers/
 
In jenem Kommentar ging es um die Militarisierung der künstlich heraufbeschworenen Vogelgrippen-Hysterie. Man muss schon in die Blogosphären eintauchen, wenn man Klartexte lesen will. Auch wir haben uns mehrmals über das sonst übliche, vollkommen überzogene mediale Getue geäussert.
 
In Bezug auf den Vogelgrippe-Ausbruch auf der Ostseeinsel Rügen haben mich übrigens mehrere Nutzer darauf hingewiesen, dass es dort in der Nähe (auf der wenige Kilometer entfernten Insel Riem) das Friedrich-Löffler-Institut gibt, das just mit Viren und Impfstoffen experimentiert und hantiert. Vermutungen liegen auf der Hand, zumal laut Ornithologen beim Ausbruch der H5N1-Seuche gerade keine Zugvögel nach Rügen gekommen waren ...
 
Hinsichtlich dieser Geflügelpest, die von viel politischen Unzulänglichkeiten ablenkt, gibt es hinsichtlich ihrer geografischen Verbreitung schon merkwürdige Zufälle. Und gerade heute schrieb mir in einem persönlichen Brief ein Bekannter aus Deutschland, manchmal werde er das Gefühl einfach nicht los, dass dieser Virenerkrankung von Interessengruppen etwas nachgeholfen werde. Das lässt sich zwar noch nicht beweisen, aber man wird gut daran tun, die wahrhaftig merkwürdigen Vorgänge kritischer und skeptischer als bisher zu verfolgen. Auch die jedes vernünftige Mass übersteigende Panikmache lässt tief blicken – oder sie zwingt jedenfalls dazu.
 
Das englischsprachige Land China
Zum Blog „Finanzperspektiven 2006: Freut Euch des Anlegens!“ vom 27. 02. 2006 meldete sich heute ein in Asien lebender Schweizer und Chinakenner bei mir. Er bezog sich auf die Feststellung, dass die Chinesen wahrscheinlich bald einmal besser englisch können als die US-Amerikaner:
 
„Die Chinesen haben Massstäbe gesetzt, als sie vor ein paar Jahren die vereinfachte chinesische Sprache einführten. Die einzelnen Symbole sind sehr vereinfacht worden – so sehr, dass eine gebildete Chinesin, die seit gut 3 Jahrzehnten im Ausland lebt, eine heutige Zeitung schon gar nicht mehr lesen kann!
 
Taiwan hält noch an der traditionellen Schreibweise fest. Du siehst, auch hier werden Fortschritte gemacht.“
 
So ist es. Was unter Fortschritt segelt, ist meistens das pure Gegenteil davon, wenn man genau hinschaut.
 
Im Glashaus der Sprache
Unser Techniker Urs Walter hat am Sonntag, 26. Februar 2006, den 17. Textatelier-Rundbrief an die Abonnenten versandt. Wegen der Fülle der Adressen ist dieser Versand nur noch automatisiert möglich, und das braucht schon Fachwissen. In diesen Rundbriefen (Fachausdruck: Newsletters) füge ich jeweils neben Hausmitteilungen auch allgemein interessante Ausführungen zu sprachlichen Problemen an; diesmal ging es um die Anwendung von Anführungs- und Schlusszeichen.
 
Kaum war die Rundbrief-Salve losgetreten, meldete sich aus Kanada Harald Tilgner (E-Mail: renglith@uniserve.com ):

Lieber Walter! Harald Tilgner hier. Herzlichen Dank für diesen Rundbrief, dessen Thema (Anwendung von Anführungszeichen zur Strukturierung der Sprache) ich überaus begrüsse! Ich bin einer von denen, die es immer wieder stört, unzulänglichen Gebrauch von Wort und Schrift über sich ergehen lassen zu müssen. Auch in der englischen Sprache muss ich es meistens zu meinem grössten Leidwesen hinnehmen. Gerade vorgestern kam mir „der Kaffee hoch“, und ich bediente mich der Tastatur meines Rechners, um zu antworten.
 
Ich bekam eine Erwiderung des Betreffenden, welcher ein gebürtiger Engländer und von Beruf ein Ingenieur ist. Er dankte mir für meine Hinweise. Es ist doch sehr verblüffend, dass auch Leute mit höherer Bildung ihren Sprachen wenig Aufmerksamkeit schenken, deren sie doch mächtig sein sollten.
 
Trotz alledem ist es sicher ironisch, dass ich ausgerechnet bei Dir einen kleinen Faux-pas entdecken musste. In der Begleit-E-Mail zum Rundbrief heisst es nämlich: Alle bisher erschienenen Rundbriefe können Sie jederzeit von unserer Startseite aus laden ein einsehen. (und einsehen?). Es war sicher wieder einmal sehr spät geworden, nicht wahr?
 
Wie immer in freundschaftlicher Verbundenheit und den Humor dabei nicht vergessend,
 
Dein Freund Harald.
 
Die berechtigte, sanft vorgetragene Kritik traf mich schwer, und ich habe mich für den Hinweis bedankt und entschuldige mich bei allen Empfängern. Wie ein „und“ zu einem „ein“ werden kann, ist mir schleierhaft.
 
Jeden Satz, den ich schreibe, schreibe ich im Glashaus, und weil dabei oft Fetzen und Steine fliegen, geht manchmal eine Scheibe in Brüche. Beim Schreiben konzentriere ich mich meistens auf den Inhalt, wobei dann eben manchmal meine ungelenken Finger und die Software ein Eigenleben zu führen scheinen. Und manchmal ist es auch so, wie schon der französische Schriftsteller Gustave Flaubert (in: „Préface à la vie d’écrivain“) wusste: „Wir haben zu viele Dinge, die Formen reichen aber nicht aus.“
 
Und hier ein gerade eingetroffener Kommentar eines Rundbrief-Abonnenten auf den Philippinen: Jetzt ist mir vor lauter Anführungs-, Schluss- und andern Satzzeichen ganz sturm. „I go to sleep.“
 
Die Zeichen aber waren immerhin richtig gesetzt.
 
Falls Sie, liebe Nutzerinnen und Nutzer des Textateliers.com und des Blogateliers ebenfalls in den Genuss von solchen Fehlern und zudem noch von nützlichen Lektionen kommen wollen, tragen Sie sich bitte auf unserer Startseite oben rechts als Gratis-Bezüger unseres Rundbriefs ein. Die bisher erschienenen Rundbriefe können Sie von der Startseite aus (linker Rand: „Rundbriefe“) jederzeit einsehen.
 
Und wenn Sie eine Idee oder eine Erkenntnis haben, die Sie im Internet veröffentlicht haben möchten, dann schreiben Sie uns doch. Vielleicht hat diese virtuelle Welt genau darauf gewartet!
 
Hinweis auf die bisher erschienenen „Reaktionen auf Blogs
26. 01. 2005: „Reaktionen auf Blogs (01): Kraft unangepassten Denkens“
31. 01. 2005: „Reaktionen auf Blogs (02): Indigokinder, Frustsäufer, Bärtige“
12. 02. 2005: „Reaktionen auf Blogs (03): WEF, Gekreische, Ich-Form“
03. 03. 2005: „Reaktionen auf Blogs (04): ,Sensationell, wie das fliesst'"
22. 03. 2005: „Reaktionen auf Blogs (05): USA, Medien-Nonsens, Ratten“
12. 04. 2005: „Reaktionen auf Blogs (06): Gedanken und Fakten à discrétion“
22. 04. 2005: „Reaktionen auf Blogs (07): In Handy- und Himmelssphären“
05. 05. 2005: „Reaktionen auf Blogs (08): Bärlauchsüppchen bis CD-Players“
20. 05. 2005: „Reaktionen auf Blogs (09): Kollegialprinzip bis Handyoten“
31. 05. 2005: „Reaktionen auf Blogs (10): Wo Wasser kein Element sein darf“
07. 06. 2005: „Reaktionen auf Blogs (11): Post auch von den Kokosinseln“
06. 07. 2005: „Reaktionen auf Blogs (12): Streben nach Erkenntnissen“
19. 07. 2005: „Reaktionen auf Blogs (13): Happy Slapping im Elektrosmog“
27. 07. 2005: „Reaktionen auf Blogs (14): Money, Bibel und Colt in den USA“
02. 08. 2005: „Reaktionen auf Blogs (15): Aus Laufenten werden Hühner“
09. 08. 2005: „Reaktionen auf Blogs (16): Ärzte, die nicht heilen wollen“
20. 08. 2005: „Reaktionen auf Blogs (17): ‚Götter in Weiss’ angeschwärzt“
29. 08. 2005: „Reaktionen auf Blogs (18): In Spinnennetze verhaspelt“
05. 09. 2005: „Reaktionen auf Blogs (19): Pharmahörige Abwracker am Werk“
20. 09. 2005: „Reaktionen auf Blogs (20): Inhalt und Form fallen auf“
08. 10. 2005: „Reaktionen auf Blogs (21): Beste Impulse von Nutzerseite“
07. 11. 2005: „Reaktionen auf Blogs (22): Offen, verschlüsselt, anonym“
24. 11. 2005: „Reaktionen auf Blogs (23): Seuchenhysterien verkaufen sich“
03. 12. 2005: „Reaktionen auf Blogs (24): Diesmal wird scharf geschossen!“
21. 12. 2005: „Reaktionen auf Blogs (25): Das fehlende Ernährungswissen“
07. 01. 2006: „Reaktionen auf Blogs (26): Gegen den Strich gebürstet“
27. 01. 2006: „Reaktionen auf Blogs (27): Weicheier aus der Beutelsuppe“
15. 02. 2005: „Reaktionen auf Blogs (28): Spinnen Sie oder spinne ich?
Hinweis auf weitere Blogs von Scholz Heinz
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