Textatelier
BLOG vom: 04.10.2007

Flüelen UR: Begegnung mit kräftigenden Riesenkristallen

Autorin: Rita Lorenzetti, Zürich
 
Als Einstieg ins obige Thema empfehle ich unserer Leserschaft Walter Hess‘ Blog vom 29.5.2007. Er beschrieb seine Begegnung mit den Kristallen schon damals im Abschnitt „Die Riesenkristalle aus dem Planggenstock“. Mein Aufsatz soll eher dem gefühlsmässigen Erleben eines solchen Ausstellungsbesuches gelten und den seinen ergänzen.
 
Als die beiden erfolgreichen Strahler Franz von Arx und Paul von Känel mit ihren sensationellen Kristallfunden aus dem Planggenstock oberhalb der Göscheneralp an die Öffentlichkeit traten, war das auch in den Tageszeitungen von Zürich zu lesen. Primo machte mich damals aufmerksam. Wir staunten, was da in jahrelanger Suche und mühevoller Arbeit aus dem Berginnern ans Licht geholt worden war, ohne zu ahnen, dass wir diese Schätze einmal sehen würden.
 
Auf einer Eisenbahnfahrt nach Erstfeld erhaschten wir dann zufällig die entsprechende Reklame auf einer Plane, die auf die Ausstellung hinwies. Sie war ebenfalls riesengross und an der Alten Kirche in Flüelen aufgehängt. Vorbei! Wir sassen im Zug und dieser hielt hier nicht an. Weggewischt auch sofort die Gedanken daran. Wir hatten ja schon ein Ziel für diesen Tag.
 
In Erstfeld dann zog Primo, beinahe wie von Geisterhand geführt, ein Papier aus dem Prospektständer, als wir den SBB-Schalterbereich durchquerten. „Das interessiert dich!“ sagte er dazu, ohne den Text gelesen zu haben. Mittlerweile kenne ich solche Impulse, die seinem Bauch entspringen und immer richtig sind. Das Papier „Eine Weltsensation – Riesenkristalle aus der Göscheneralp“ gab uns dann auch alle Hinweise zur Ausstellung in Flüelen. Sie war auch an diesem Tag geöffnet und präsentiert die Schätze noch bis zum 28. Oktober 2007 täglich von 10 bis 18 Uhr.
 
Einen Rundgang durch Erstfeld liessen wir aber nicht aus. Später fuhren wir im Postauto nach Flüelen. Und schon standen wir vor der Alten Kirche, ohne sie gesucht zu haben.
 
Der Kirchenraum nimmt sich zugunsten der Ausstellung von Mutter Erdes Schätzen ganz zurück. Er stellt nur seine schützenden Mauern zur Verfügung. Die Inneneinrichtung ist neu und auf die Ausstellung bezogen. Das Licht gedämpft, schützt die Exponate und verweist uns auf die Dunkelheit in der Erde.
 
Die Augen müssen sich zuerst an die veränderten Lichtverhältnisse gewöhnen. Das ist gut so. Auf diese Weise fördern die Ausstellungsmachenden unser ruhiges und rücksichtsvolles Ankommen.
 
Ich habe schon viele Ausstellungen gesehen, aber noch nie eine ohne erläuternde Namen, Titel, Texte oder Nummern. In Flüelen wird einzig darauf hingewiesen, dass die Kristalle in Millionen von Jahren in der Stille gewachsen seien. Wir sollen ihnen diese weiterhin gönnen.
 
Gerade wegen fehlender Worte oder Zahlen fanden wir leichten Zugang zu diesen uralten Wesen. Wer nicht lesen muss, kann schauen und sich dem Gegenüber öffnen. Da findet dann ein Austausch auf der Gefühlsebene statt. Es ist mir aufgefallen, dass alle Anwesenden sehr lange ruhig und ehrfürchtig und in sich versunken vor den einzelnen Naturschönheiten stehen geblieben sind. Wir alle erlebten und schauten mehr, als wir jetzt in Worten ausdrücken können.
 
Jede Kristallgruppe, jeder einzelne Kristallzapfen, schien sich am Licht zu freuen. Sie strahlten und gaben sich auch den prismatischen Lichtbrechungen hin. Wunderschön die Regenbogenfarben je nach Kristallqualität.
 
Elektrisches Licht unterstützte die Ausstrahlung. Da von unten her und ins Innere der Gruppe zündend, dort auf die Oberflächen und Kanten verweisend.  Plötzlich verstand ich, warum Mineralien- und Kristallsucher Strahler genannt werden.
 
Der Film, der Szenen auf der mühseligen Schatzsuche zeigt, rundete dann unseren Besuch bei den Riesenkristallen ab. Als wir ins Freie traten, rieben wir uns die Augen. Und wir schickten den Männern einen Dank. Ihre Aufwendungen körperlicher, materieller und zeitlicher Art müssen unermesslich sein. Im Laufe des Tages kamen wir immer wieder auf das Geschaute zu sprechen. Uns berührte besonders auch die Behutsamkeit der Männer, wie sie die Kristalle ins Freie brachten und dafür sorgten, dass sie vom Sonnenlicht nicht erschreckt wurden.
 
Im Halbschlaf dann, wieder zu Hause, erschienen mir die Kristalle nochmals vor den inneren Augen. Dort wirbelten sie umher und hüllten mich in ein lachsfarbenes, von Gold durchtränktes Licht, bevor sie, auch müde geworden, in meinem Erinnerungsschatz versanken.
 
Das ist sicher: Der Aufenthalt in der Umgebung von Jahrmillionen alten Kristallen bewegt. Üblicherweise werde ich wegen meines geschwächten Rückens an Ausstellungen rasch unruhig und schnell müde. Hier war das anders. An diesem Ort wurde ich gestärkt.
 
Entstammen solcher Ausstrahlung vielleicht jene Kräfte, die Menschen früherer Kulturen erkennen und nutzen konnten und die ihre Kultplätze danach ausrichteten? Und Strahler, sind es Menschen mit einem ausgeprägten Instinkt und im Banne dieser Kräfte? Die Antwort wissen nur sie selbst.
 
Zur Ausstellung ist die sehr ansprechende Schrift „Riesenkristalle“ erschienen. (CHF 5.—), in der auch Informationen zum Strahlerwesen zu finden sind (Gamma Druck + Verlag AG, CH-6460 Altdorf).
 
Im Vorwort wird Dr. Beda Hofmann, Konservator am Naturhistorischen Museum in Bern, zitiert. Er bezeichnet den Fund als weltweit einmalig.
 
Hinweis
Beide Strahler betreiben eine Homepage. Ihre Adressen:
 
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