Textatelier
BLOG vom: 11.02.2008

Frauentee nach J. Künzle: Suche nach der Originalrezeptur

Autor: Heinz Scholz, Wissenschaftspublizist, Schopfheim D
 
Die Kräuterkunde ist viel älter als die heutige chemische Medizin; sie geht bis hinunter zur Wiege der Menschheit.“
(Johann Künzle, „Chrut und Uchrut“, 1911)
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„Dem Volke zu helfen ist eine christlich-soziale Tat; mögen daher alle jene, denen das Wohl des Volkes am Herzen liegt und die dazu Zeit und Gelegenheit haben, die alte, vergessene Kräuterkunde studieren und den Leidenden schnelle, wohlfeile, unschädliche Hausmittel reichen.“
(Johann Künzle, „Chrut und Uchrut“, 1911)
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Frau P. aus Hannover D, die sich vor etwa 30 Jahren einen Frauentee nach Künzle in einer Apotheke mischen liess, wandte sich hilfesuchend ans Textatelier.com. Sie wusste nämlich nicht mehr die Zusammensetzung des Tees, der im Buch „Chrut und Uchrut“ zwar erwähnt, aber keine Zusammensetzung angegeben ist. Frau P. wollte unbedingt den Frauentee ihrer Tochter empfehlen, aber keine Apotheke, die sie aufsuchte, war in der Lage, diese Mischung mit den vielen Kräutern zu liefern.
 
Auch die neue Leitung der Firma Künzle wusste nichts mehr von der Originalrezeptur. Sie liefert jetzt neben kosmetischen Produkten nur ein bescheidenes Angebot an Kräutertees. Als sie bei einem Telefongespräch mit einem Firmenangehörigen von der guten Wirkung der Originalmischung berichtete, konnte man ihr das nicht glauben. Die Teemischung half nämlich ausgezeichnet bei Menstruationsbeschwerden. Er wirkte besser als jede Schmerztablette und hatte das Problem dauerhaft beseitigt. Den Tee trank Frau P. mehrere Wochen lang, danach hatte sie lange Zeit keine Beschwerden mehr.
 
Aber lassen wir Frau P. selbst erzählen: „Was hatte Künzle für ein riesiges Angebot an Kräutern! Davon kann man nur noch träumen. Ich finde es sehr schade, dass man nicht mehr die Möglichkeit hat, an die vielen Kräuter heranzukommen, die es sonst nirgendwo gibt, und schon gar nicht in der hochwirksamen, alpinen Form. Noch trauriger ist es, dass das Wissen um die Rezeptur der fertigen Mischungen verloren gegangen ist.“
 
Als ich die E-Mail via Walter Hess zur Bearbeitung erhielt, wurde mein detektivischer Spürsinn angestachelt. Ich wollte unbedingt die Rezeptur herausfinden. Nach einigen erfolglosen Recherchen in Büchern und im Internet wurde ich fündig. Unter www.stadelmann-verlag.de (Homepage der Hebamme Ingeborg Stadelmann), entdeckte ich die Zusammensetzung von 2 Frauenteemischungen. Die eine mit den 15 verschiedenen Kräutern musste die gesuchte Mischung sein.
 
Heilpraktiker dürfen nicht versenden
Nun wusste ich die Zusammensetzung. Aber wo bekommt man die fertige Mischung? Zunächst schrieb ich den Heilpflanzenexperten und Heilpraktiker Bruno Vonarburg aus Teufen an und bat ihn, mir mitzuteilen, ob er eine solche Mischung liefern könne. Hier die Antwort in einem Fax vom 23.01.2008: „Es ist uns als Heilpraktikern gesetzlich verboten, Mischungen zu versenden. Aber diese kann man fast in jeder Drogerie oder Apotheke der Schweiz mischen lassen.“
 
Als ich Walter Hess dies mitteilte, konnte er sich nicht mehr zurückhalten und schrieb mir dies: „Was mit den Heilpraktikern in der Schweiz passiert, ist ein Skandal – man will sie seit je aus dem Markt verdrängen, zugunsten von Pharma und Schulmedizin. Bundespräsident Pascal Couchepin, der mit hanebüchenen, blödsinnigen Namensspielen (Naziarzt Josef Mengele/SVP-Nationalrat Christoph Mörgeli) ohne irgendwelchen Realitätsbezug gerade einen Skandal heraufbeschworen hat, setzt die pharmahörige Tradition der Naturheilkunde-Vernichtung fort.“
 
Ich finde die ständige Unterdrückung der Erfahrungsmedizin ebenfalls skandalös. Die Heilpraktiker haben ja eine enorme Erfahrung mit der Naturmedizin und kennen sich gerade in der Phytotherapie hervorragend aus. Auch Johann Künzle hatte ein enormes Wissen und demzufolge grosse Erfolge in der Behandlung von Krankheiten. Er hatte viele Neider und wurde sogar angezeigt. Künzle musste gewaltig kämpfen, und sogar Prüfungen ablegen, um verordnen zu können. Als 65-jähriger „Student“ legte er 1922 vor der Ärzteprüfungskommission ein Examen ab, das er mit Bravour bestand. Schon zu Beginn der Prüfung brachte er die Kommission in Verlegenheit als er sich arglos erkundigte, ob er die Fragen auf griechisch oder auf lateinisch beantworten solle. Nach der Prüfung wurde er behördlicherseits als Kräuterpfarrer anerkannt (siehe Blog vom 05.11.2007: Johann Künzle: Förderer der Kräuterheilkunde in der Schweiz).
 
Nun wandte ich mich an Frau Stadelmann und bat um die Nennung einer Bezugsquelle für den besagten Frauentee. Und die bekam ich per E-Mail vom 02.02.2008 übermittelt. Hier die Adresse:
 
Bahnhof-Apotheke (www.bahnhof-apotheke.de)
Apotheker D. Wolz e. K.
Bahnhofstrasse 12
D-87435 Kempten
 
Ich erfuhr dann von der besagten Apotheke den Preis für eine solche Mischung. 95 g sind für 6,50 Euro zu bekommen (bestellung@bahnhof-apotheke.de).
 
Zum Schluss füge ich noch einige Teemischungen an. Die letzte Mischung ist wohl die Originalrezeptur nach Künzle.
 
Frauenteemischungen
Künzle Frauentee N (Kräuterpfarrer Künzle AG)
20 % Kamillenblüten
20 % Hopfen
17 % Melisse
10 % Pfefferminze
15 % Baldrianwurzel
8 % Süssholz
10 % Sternanis
 
Gleiche Teile mischen von:
Frauenmantel
Schafgarbe
Melisse
Ehrenpreis
Taubnessel-Blüten
Brennnessel-Samen
Angelika-Wurzel
 
Frauentee nach I. Stadelmann (www.stadelmann-verlag.de)
zur Hormonregulierung und -anregung, z. B. nach Beendigung der Stillzeit:
Frauenmantel, Johanniskraut, Melisse, Mönchspfeffer, Schafgarbe.
 
Frauentee nach Künzle (www.stadelmann-verlag.de)
(hormonregulierend, ausgleichend, beruhigend; insbesondere bei zu starken Menstruationsblutungen und Stimmungsschwankungen).
 
Zusammensetzung: Baldrian, Frauenmantel, Gänsefingerkraut, Hirtentäschel, Johanniskraut, Kamille, Melisse, Nelkenwurz, Pfefferminze, Ringelblume, Rosmarin, Schachtelhalm, Schafgarbe, Silbermantel, Taubnessel.
 
Wie Johann Künzle in seinem Buch „Chrut und Uchrut“ schrieb, hilft der Frauentee auch bei Krämpfen während der Periode. Er hilft auch, diese zu regulieren. Gegen den Weissen Fluss empfiehlt der Kräuterpfarrer einen Tee von Weissklee (Klee mit weissen Köpfchen, blüht auf Magerwiesen). Johann Künzle: „Wer den Weissen Fluss nicht entfernt, bei dem schlägt keine Arznei an. Frauen, die viele Kinder haben, leiden viel seltener an diesem entsetzlichen Übel als solche, die es mit den Französinnen halten!“
 
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Hinweis auf weitere Blogs mit Bezug zu Pfarrer Johann Künzle
05.11.2007: Johann Künzle: Förderer der Kräuterheilkunde in der Schweiz
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