Textatelier
BLOG vom: 22.02.2008

Die Suche nach dem Schwäbisch-Hällischen Landschwein

Autor: Heinz Scholz, Wissenschaftspublizist, Schopfheim D
 
Es ist für mich immer wieder ein Vergnügen, Leserbriefe oder E-Mails zu beantworten und bei Anfragen eventuell wichtige Recherchen durchzuführen. So kommen des Öfteren Anfragen über Bezugsquellen für dieses oder jenes Produkt, über Ernährung und über seltene Krankheiten herein, die auf eine Beantwortung warten. Die neueste Anfrage stammt von Dr. phil. Rainer Meyer in Birsfelden BL. Hier sein Anliegen:
 
„Ich habe vor geraumer Zeit mit gutem Gewinn Ihr Buch „Richtig gut einkaufen – Die moderne Lebensmittelkunde für den Alltag“ (Verlag Textatelier.com, Biberstein 2005) gelesen und halte mich, wo immer möglich, an dessen Richtlinien. Im Übrigen gehe ich auch mit Ihrer ernährungstechnischen ,Ideologie’ konform.
 
Sie müssen wissen: Ich bin ein Bayer – zwar schon seit Jahrzehnten alemannisiert – aber dennoch dem bayrischen Schweinsbraten als einem 2. Glaubensbekenntnis verpflichtet (das 1. habe ich vergessen). Nun die Frage an Sie: Wo zum Kuckuck bekomme ich im Raume Basel – Weil – Schopfheim – Wehr – Hotzenwald ein Stück vom Schwäbisch-Hällischen Schwein? Verstehen Sie mich bitte nicht falsch – die hiesigen Metzger machen ihre Sache sicher nicht schlecht – aber ich möchte doch einmal diese alte, neue Sorte probieren.“
 
So weit die Anfrage aus dem Baselbiet. Nun, persönlich ging das Schwäbisch-Hällische Landschwein an mir vorbei, zumal die hiesigen Metzger ganz andere Sauen züchten und verarbeiten. Deshalb machte ich mich schlau und sammelte Infos über diese gute alte Schweinerasse.
 
Kopf und Hinterteil sind schwarz
Das Schwäbisch-Hällische Landschwein ist eine alte Hausschweinrasse aus dem Nordosten von Baden-Württemberg. Die Schweine sehen ganz lustig aus: Sie haben einen schwarzen Kopf, Hals und schwarze Hinterbeine, während die Vorderbeine und der übrige Körper nicht pigmentiert sind. So gezeichnete Schweinchen habe ich bei diversen Wanderungen schon gesehen, aber ich wusste nicht, dass sie so heissen. Man lernt nie aus.
 
Wir müssen König Wilhelm I. dankbar sein, denn er führte 1820 zur Förderung der Landwirtschaft chinesische Maskenschweine ein. Durch Kreuzung mit einheimischen Rassen entstand das Schwäbisch-Hällische Schwein.
 
Das Schwäbisch-Hällische Landschwein zeichnet sich durch eine hohe Fleischqualität aus und hat sehr gute Muttereigenschaften. Im Zweiten Weltkrieg bestanden fast 100 % der Schweine im Raum Schwäbisch-Hall aus diesem Landschwein.
 
Leider verschmähten viele Verbraucher nach dem Krieg das Fleisch dieser Rasse, weil es nicht mager genug war. Die Landwirte konzentrierten sich deshalb auf die Zucht von Schweinen mit magerem Fleisch. In den 80er-Jahren galt das besagte Landschwein sogar schon als ausgestorben. Es waren engagierte Landwirte, die 1984 es wagten, mit 7 reinrassigen Sauen und einem Eber eine neue Zucht aufzubauen. 1986 wurde die Züchtervereinigung Schwäbisch-Hällisches Schwein gegründet. Inzwischen hat sich das Schwein etabliert. Die Fleischqualität wurde mehrmals ausgezeichnet (Bundessiege bei der Internationalen Grünen Woche Berlin).
 
Wie in„wikipedia“ nachzulesen ist, gab es 2007 bereits 1000 Betriebe, die das Landschwein halten. Die Betriebe sind in der „Bäuerlichen Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall“ (www.besh.de/html/startseite.html) sowie im „Schweinezuchtverband Baden-Württemberg“ zusammengeschlossen.
 
Artgerechte Haltung
Wie die genannte Erzeugergemeinschaft betont, ist das Fleisch des Landschweins „fest, etwas dunkler und hält auf Grund seiner gesunden Zellstruktur den Saft besonders“. Nach der Schlachtung kommt das Fleisch direkt in partnerschaftlich verbündete Fachgeschäfte. Die Herkunft des Fleisches ist dann bis zum Bauernhof nachvollziehbar.
 
Das wird besonders den Verbraucher freuen: Die Schweine leben „artgerecht“. Die Ställe sind hell, luftig und mit Stroheinstreu versehen. Etliche Betriebe lassen ihre Schweine auch in der Natur herumtollen. Die Schweine erhalten während der Mast betriebseigenes Getreide mit vitaminiertem Futterkalk und Eiweissergänzungen aus Erbsen- und Bohnenschrot. Nur Futter aus der Region darf hinzugekauft werden. Wachstumsförderer, Medikamente, Antibiotika und gentechnisch veränderte Futtermittel sind tabu. Die Mitgliedsbetriebe stehen unter neutraler Kontrolle durch ein akkreditiertes Lebensmittelinstitut.
 
Hier gibt es Fleisch vom Landschwein
Nachdem meine Recherche per E-Mail nicht von Erfolg gekrönt war, rief ich am 18.02.2008 die Bäuerliche Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall an. Von Wolfgang Butz erhielt ich den entscheidenden Tipp. Auf der Homepage sind unter dem Stichwort „Einkaufsführer“ die Metzgereien nach Postleitzahlen geordnet aufgeführt. Sie finden die Hinweise unter
 
In unserer Nähe gibt es einige Metzgereien, die Fleisch vom Landschwein liefern. Es sind Folgende:
Metzgerei Kiefer, Terlaner Strasse 14, D-79111 Freiburg im Breisgau,
Metzgerei Sickinger, Adlergasse 8, D-79219 Staufen im Breisgau,
Metzgerei Kopf, Klosterweg 1, D-79232 March,
Metzgerei Sandel, Bahnhofplatz 3, D-79618 Rheinfelden,
Metzgerei Mühl-Schreiber, Freiburger Strasse, D-79674 Todtnau.
 
Nun dürfte Rainer Meyer bald seinen geliebten Schweinebraten mit Genuss verzehren dürfen. Und mit seiner Anfrage hat er sicher zur Bekanntmachung dieser Tierrasse beigetragen. Auch wir werden einmal von diesem rassigen Schwein kosten.
 
Für Freunde des Bayrischen Schweinebratens gibt es etliche Rezepte. Unter www.bayernservice.com/Rezepte/Schweinebraten.htm ist ein Originalrezept aus Bayern zu finden.
 
Guten Appetit!
 
Anmerkung: Während meines Besuchs im letzten Jahr im Münchner Hofbräuhaus entdeckte ich auch das Gericht Schweinebraten mit Semmelknödeln. Diese kulinarische Spezialität dürfe in Bayern in keinem Gasthaus fehlen, wurde mir gesagt. Viele reisen sogar extra nach Bayern, um diese Köstlichkeit zu geniessen.
 
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