Textatelier
BLOG vom: 08.07.2010

Do it yourself: Nagel, Hammer und Brett des Nachbarn

Autor: Emil Baschnonga, Aphoristiker und Schriftsteller, London
 
Wer klopfte da nebenan, frühabends? Es war der Nachbar, der hämmerte und seine Holztreppe zum Garten ausbesserte – nein, ausbessern wollte. Einen Nagel um den andern schlug er krumm. Fasst ein Nagel richtig Holz, klingt es ganz anders – viel kehliger. Als ich die Ohren spitzte, wurde mir bewusst, dass mein Zimmermann nebenan ein Lehrling war. Ich kam zum Schluss, dass die Nägel entweder zu schwach waren, um ins Hartholz einzudringen, oder, dass der Hammer nicht für die Arbeit taugte.
 
Seine Versuche, ich gebe es schamlos zu, erheiterten mich zunehmend. Zaghaft schlug er den nächsten Nagel schief. Ein Specht hätte ihn ausgelacht. Ich nahm wieder einen Schluck Wein, wie er sein Hammerklavier weiter spielte. „Was Hänschen nicht lernt …“, ging mir durch den Kopf. Mein Vater – ich hatte ihn dabei oft beobachtet – wusste, wie man nagelt. Sein Handgelenk war locker, wenn er zielbewusst den Nagelkopf traf und ihn mit wenigen Schlägen durch dick und dünn ins Brett trieb.
 
Nach einer halben Stunde vertagte mein Nachbar, wohl sehr frustriert, sein Unterfangen. Hatte er versehentlich einen Finger getroffen? Das wusste ich nicht. Ein Hammerschlag auf den Finger dämpft den Laut. Wenn dem so war, hat er seinen Schmerz tapfer lautlos verbissen. Mein Aphorismus „Jedes Ding hat seinen Willen, jedes Unding mehrere“, war wie auf ihn gemünzt. Auch ich kenne Fehlschläge, die aber thematisch nicht in dieses Blog passen.
*
Der Mann hat übers Wochenende oder an Feiertagen im Sommer 2 Pflichten:
 
-- Ein Barbecue so sehr in Glut zu bringen, dass die Würste im Nu verkohlen, während er eine Flasche Wein entkorkt oder ein Goal – ein einziges seitens der Engländer beim Match gegen Deutschland – bejubelt.
 
-- Wände zu streichen oder zu tapezieren, vorfabrizierte Ikea-Möbel ineinander zu verschrauben (gewiss fehlt ihm zuletzt eine Schraube …).
 
Ich habe vergessen, des Mannes 3. Pflicht zu erwähnen: den Rasen zu mähen.
 
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