Textatelier
BLOG vom: 15.05.2012

NRW hat gewählt: Schuldenwirtschaft als Lebenshaltung

Autor: Richard Gerd Bernardy, Dozent für Deutsch als Fremdsprache, Viersen/Niederrhein D
 
Die Wahl in Nordrhein-Westfalen (NRW) ist gelaufen. Die bisherige Minderheitsregierung rot-grün wird jetzt eine Mehrheitsregierung. Laut Medien war es eine Wahl von Persönlichkeiten, also von Renate Kraft vor allem. Politische Inhalte werden erst lange danach gesehen. Norbert Röttgen werde abgestraft, Renate Kraft wird mit Johannes Rau verglichen. Mehr als 40 % der Wahlberechtigten gingen erst gar nicht zur Wahl, wie bei der letzten Landtagswahl auch.
 
„Dass die Sozialdemokraten die Verschuldung des Landes und anderes nicht in den Griff bekommen würden, glaubte die Mehrzahl der Wähler auf Nachfrage der Meinungsforscher von Infratest-dimap gerne. Noch mehr der Wähler aber glaubten, dass die CDU diesen Aufgaben noch weniger als die Sozialdemokraten gewachsen seien. Dann lieber das ungleich sympathischere Original wählen, sagten sich 190 000 der zuletzt noch 2,6 Millionen CDU-Wähler, 120 000 Bürger, die vor 2 Jahren gar nicht wählen gegangen waren, und nicht zu vergessen 90 000 Abtrünnige, die zuletzt die Linkspartei gewählt hatten, ja selbst 20 000 vormalige FDP-Wähler“ (FAZ-Net „Die bürgerlichen Wähler der Frau K.“ 14.05.2012).
 
Dabei hat sich Norbert Röttgen, CDU, im Wahlkampf gegen das Schuldenmachen ausgesprochen: „Eine Politik der masslosen Verschuldung, wie sie Frau Kraft betrieben hat, macht ein Land letztlich handlungsunfähig und ist unsozial, weil der Staat den Schwachen nicht mehr helfen kann.“
 
Auch die FDP ist gegen das masslose Schuldenmachen. Dr. Gerhard Papke, Landtagsabgeordneter, schrieb mir auf Anfrage dazu vor der Wahl:
 
„Zunächst einmal dürfen die Ausgaben des Landes nicht stärker steigen als die Einnahmen. Nur so kommt Nordrhein-Westfalen raus aus den roten Zahlen und kann die schwarze Null erreichen. Die Schuldenbremse des Grundgesetzes schreibt dies den Ländern ab 2020 verbindlich vor. Wir möchten in NRW dem Beispiel anderer Länder folgen und die Schuldenbremse auch in die NRW-Landesverfassung aufnehmen (…). Rot-Grün ignoriert derartige Vorschläge und verteilt lieber teure Wahlgeschenke auf Kosten nachfolgender Generationen. Das wollen wir korrigieren. Um den Ausgabenanstieg zu bremsen, muss das Land sparen. Rot-Grün hat eine Fülle von neuen Projekten finanziert, die sich das Land nicht leisten kann. Dazu gehört z. B. die Abschaffung der Studienbeiträge, die zudem zu einer drastischen Unterfinanzierung der Hochschulen führt. Der grüne Umweltminister hat 300 neue Stellen in der Umweltbürokratie geschaffen; insgesamt wurden schon über 2000 neue Stellen geschaffen. Bleibt es bei der rot-grünen Schuldenpolitik, wird es dem Land bald nicht mehr möglich sein, seine zentralen Aufgaben zu erfüllen. Wir wollen nicht, dass in einigen Jahren an Kitas, Schulen und Hochschulen gespart werden muss, weil die Abhängigkeit von den Finanzmärkten das Land dazu zwingt.“
 
Wer hat jetzt Rot-Grün gewählt? Menschen, die auch Schulden haben, und die sich damit abgefunden haben, über ihre Verhältnisse zu leben? „Was der Staat kann, das können wir auch!“ Denjenigen, die Geldvermögen haben (das private Nettogeldvermögen ist etwa doppelt so hoch wie die Höhe der Schulden), kann das eigentlich nicht egal sein, denn dass Schulden früher oder später zur Inflation führen, die dem Vermögen nicht gut tut, müssten sie eigentlich wissen. Ebenso, dass Schuldenmachen zu Steuererhöhungen führen muss.
 
Oder denken die Wählerinnen und Wähler, die von den horrenden Finanzzahlungen im Rahmen der Krise gehört haben, dass Schuldenmachen dazu gehört, unwichtig ist, oder gar, dass es sich nur um „virtuelles Geld“ handelt, also um solches auf dem Papier? Es steht ihm ja kaum noch etwas gegenüber, keine Goldreserve, zu wenig Bruttosozialprodukt. Und wenn fast die ganze Welt auf Pump lebt, kann das wohl nicht falsch sein!
 
Vielleicht wäre das sogar lehrreich für die Welt, wenn Griechenland nicht mehr mitmacht, keine Schulden mehr bedient, aus Euro-Land aussteigt. Ein Lehrbeispiel, das zeigen könnte, was passiert. Voraussagen haben wir in den letzten Wochen schon des Öfteren in den Medien lesen und hören können. Wenn das eintreffen sollte und Griechenland ein „armes“ Land werden sollte, tief unter dem jetzigen Lebensstandard, würde das aufrütteln?
 
Ich weiss es nicht. Den Teufel an die Wand malen?
 
„Deutschland bringt es samt seiner Vorläuferstaaten wie Preussen auf stattliche 8 Pleiten – 3 mehr als Griechenland. Wirtschaftlich am belastendsten sollen Historikern zufolge die Bankrotterklärungen von Preussen in den Jahren 1807 und 1813 gewesen sein, als dem Land die Kosten für die napoleonischen Kriege über den Kopf stiegen. Im 20. Jahrhundert war Deutschland zweimal pleite: 1923 und 1948.
 
1923 gab es eine Hyperinflation: 2 Tassen Kaffee kosteten 14 000 Mark, ein Theaterticket eine Milliarde. Damals trugen die Deutschen die Millionenscheine wäschekorbweise zum Lebensmitteleinkauf. Der Wert des Geldes fiel schneller als es nachgedruckt werden konnte. Die neu geschaffene Rentenmark hatte damals dem wertlosen Altpapierhaufen von einer Billion Reichsmark entsprochen. Wirtschaftshistoriker zählten allein im 20. Jahrhundert mehr als 2 Dutzend solcher Währungsreformen als Notlösung für ein gewaltiges Staatsdefizit. Deutschland verbrachte seit 1618 13 Prozent der Zeit im zahlungsunfähigen Zustand.“
 
Quelle: Überschuldung: Reichsmark-Pleitier: Deutschland weiterlesen auf FOCUS Online: http://www.focus.de/finanzen/news/tid-18044/ueberschuldung-reichsmark-pleitier-deutschland_aid_502531.html.
 
Dass die Staatspleite von 1923 mit dazu geführt hat, Adolf Hitler an die Macht zu bringen, kann eigentlich nur ängstigen, besonders wenn Wahlausgänge mehr von Persönlichkeiten abhängen oder von Protestwählern (Piraten) und möglichen Populisten als von vernünftigen Argumenten.
 
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