Textatelier
BLOG vom: 15.06.2012

Sardinienurlaub 3: Garibaldi und „karibische“ Traumstrände

Autor: Heinz Scholz, Wissenschaftspublizist, Schopfheim D
 
Im 3. Teil meiner Sardinien-Trilogie berichte ich über einen wunderschönen Ganztagsausflug mit dem Schiff ins Inselarchipel La Maddalena. Dieses Inselparadies mit 7 Hauptinseln gehört zum Parco Nazionale Arcipelago della Maddalena (www.lamaddalenapark.it). Am Schluss meiner Abhandlung werde ich noch Tipps für Sardinienreisende bringen.
 
Von Frauke Besse erfuhren wir schon am Ankunftstag im Hotel „Hotel le Palme“ einige Infos zu diesem Ausflug. Die Schiffsreise musste wegen der schlechten Witterung von Dienstag auf Freitag verschoben werden. Es war dann ein ruhiger Wellengang zu erwarten. Das hörte Paula gerne, da sie eine gehörige Schaukelei nicht verträgt.
 
Wir waren begeistert, als wir hörten, dass wir nicht nur das Städtchen La Maddalena auf der gleichnamigen Insel zu einem Einkaufsbummel nutzen konnten, sondern auch an einer der Traumbuchten der nördlichen Inseln des Archipels, die von den Farben her an die Südsee erinnerten, anlegen würden. Schwimmen, Sonnenbaden oder ein Spaziergang in unberührter Natur standen auf dem Programm.
 
Edith Hagen, eine Schweizerin, die schon einige Jahre auf Sardinien als Reisführerin wirkt, holte Paula und mich mit dem Privatauto ab und fuhr uns nach Baia Sardinia. Dort befindet sich nämlich die Schiffsanlegestelle. Wie sie uns versicherte, würden auf unserem Schiff, die „Amada“, nur zwischen 40 bis 50 TUI-Reisende mitfahren, während auf dem anderen Schiff namens „Pegaso“ mehr Personen an Bord gingen. Wir hätten also auf diesem für 150 Personen konzipiertem Schiff genügend Platz. Das gefiel uns. Auf dem Schiffssteg begrüsste uns Evelyne Stalder, die andere Reiseleiterin, die während der Fahrt uns mit Infos übers Bordmikrofon versorgte.
 
Bevor die Reisenden an Borg gingen, bemerkte ich noch zu Edith Hagen, die dann auch mitfuhr: „Hoffentlich ist der Kapitän besser als der Unglückskapitän Francesco Schettino, der sein Schiff vor der Toskana-Insel Giglio auf einen Felsen fuhr.“ „Keine Angst“, bemerkte die Reiseleiterin und fuhr fort: „Michele ist ein erfahrener Kapitän, der wird Euch sicher hin- und zurückfahren.“  Michele ist übrigens der Schwager von Regula Azara-Krainz und fährt das Schiff schon seit den 1970er-Jahren. Sein Sohn Gianluca Azara fährt die schon erwähnte „Pegaso“.
 
Beruhigt und erwartungsvoll bestiegen wir das Schiff, und bald ging es bei herrlichem Sonnenschein und geringem Wellengang los.
 
Hier lebte und starb Garibaldi
Michele steuerte das Schiff zwischen den Inseln Santo Stefano und Caprera vorbei nach La Maddalena. Die hauptsächlich aus Granit bestehende Insel Caprera ist übrigens durch einen 600 m langen Damm mit dem Hauptort La Maddalena verbunden. Auf der Insel Caprera befindet sich die Casa Garibaldi. Hier lebte der italienische Freiheitskämpfer und Nationalheld Guiseppe Garibaldi (1807−1882) in seiner 2. Lebenshälfte. Auf der Insel können die Besucher ein Museum (www.compendiogaribaldino.it) − hier stehen noch Rollstühle, die der Nationalheld wegen seiner Arthrose benützte − und die Familiengrabstätte besichtigen. In der Familiengrabstätte fanden Garibaldi, 5 seiner 8 Kinder und seine 3. Frau Francesca Armosino ihre letzte Ruhestätte.
 
Abgesagter G8-Gipfel
Bevor wir in den Hafen von La Maddalena einfuhren, bemerkte Evelyne Stalder, dass im Osten von La Maddalena von der italienischen Regierung auf dem ehemaligen grossen Militärhafen das Hotel „La Maddalena Hotel & Yacht Club“ errichtet wurde. Es ist ein supermodernes Hotel- und Kongresszentrum mit einem Yachthafen, extra für den G8-Gipfel 2009 gebaut. Dann wurde der G8-Gipfel abgesagt und nach L`Aquila in den Abruzzen verlegt.
 
Wenn man unter http://nachrichten.sardinien.com über den geplanten G8-Gipfel nachliest, kommt man aus dem Staunen nicht mehr heraus. 4500 Journalisten sollten anreisen; man plante, diese auf dem Luxuskreuzfahrtschiff MSC Fantasia (Kapazität: 4000 Personen) und auf umliegende Hotels zu verteilen. Kaum zu glauben: US-Präsident Barack Obama, in Begleitung von 1000 Personen, sollte aus Sicherheitsgründen nicht auf dem 333 Meter langen Schiff logieren, sondern anderswo. Es war geplant, die 16 000 Agenten der Sicherheitskräfte auf 3 griechische Hotelschiffe und umliegende Hotels unterzubringen. Silvio Berlusconi hatte dem damaligen lybischen Staatschef Muammar al-Gaddafi ein standesgemässes Beduinenzelt versprochen.
 
Der Gipfel fand dann vom 8. bis 10. Juli 2009 nicht in La Maddalena, sondern in L`Aquila statt. Berlusconi wollte die Weltöffentlichkeit auf die vom Erdbeben am 06.04.2009 zerstörte Region lenken und den „Bewohnern ein Zeichen der Hoffnung geben“ (Infos unter Wikipedia). Es wäre schön gewesen, wenn die G8-Staaten auf ihre Zusammenkunft verzichtet hätten, und dann den Betrag für die Kosten des Gipfels den Erdbebenopfern gespendet hätten. Aber so ein Gipfel ist wichtiger! Meistens kommt dabei wenig bis nichts heraus.
 
Von August 1972 bis Februar 2008 unterhielt die US-Navy eine Atom-U-Boot-Basis auf der Nachbarinsel Santo Stefano. Die Basis wurde aufgelöst. Es ist verständlich, dass ein grosser Teil der Bevölkerung gegen eine solche Basis in der Nähe eines Nationalparks war. Während des Kalten Krieges wurden hier 2600 Menschen beschäftigt. Die ehemaligen italienischen und amerikanischen Stützpunkte auf den Inseln wurden bereits für touristische Zwecke umgestaltet (z. B. Bau eines Yachthafens).
 
Traum in Blau wie in der Karibik
In La Maddalena machten wir einen hübschen Bummel durch die engen Gassen der idyllischen Altstadt und besorgten uns sardischen Wein, Walnussriegel, Gebäck und Kleidungstücke für unsere Enkel. Nach einer Kaffeepause in Hafennähe gingen wir wieder auf die Aussichtsplattform unseres Schiffes zurück.
 
Die Fahrt wurde an der Insel Spargi vorbei zur Insel Santa Maria fortgesetzt. Hier sahen wir den ersten Traumstrand. Türkisgrünes Wasser, das in ein Azurblau überging, erinnerte an Bilder aus der Karibik. Mir fiel das glasklare Wasser auf. Wie die Reiseführerin bemerkte, lagen unter dem Kiel 8 m Wasser, auf dem Grund war jedes Steinchen und natürlich der helle Sand zu sehen.
 
Einige der Ausflügler sahen sich am Strand um, während ich mich auf den Weg zum Leuchtturm von Punta Filetto machte. Hinter einer Reihe von Ausflüglern ging ich mutigen Schrittes auf den 20-minütigen Hinweg. Es waren sehr schmale Wege; links und rechts befanden sich Wacholderbüsche. Als vor mir ein Handy klingelte, mokierte sich ein Tourist hinter mir und sagte: „Was kann er nur sagen, es ist schönes Wetter und eine gute Luft …“ Es ist immer wieder erstaunlich, dass viele Leute ihr Handy überall mitnehmen und auch benutzen, um sich wichtig zu machen. Sie wollen zu jeder Tages- und Nachtzeit erreichbar sein.
 
Als ich die Leuchttürme erblickte (einer auf der Insel und mit einem Gerüst versehen, der andere etwas weiter entfernt auf einer Landzunge), machte ich kehrt und konnte auf dem Rückweg noch sehr schöne Aufnahmen von der Traumbucht machen.
 
Wieder auf dem Schiff zurück, wurde uns ein einfaches Mittagessen – Rigatoni mit Tomatensosse – serviert. Ich bekam sogar noch eine 2. Portion. Wahrscheinlich sah ich entsprechend hungrig aus!
 
Dann fuhren wir zur Insel Budelli. Hier wurde uns eine Besonderheit gezeigt, nämlich der berühmte Strand mit rosafarbenem Sand (Spaggia Rosa di Budelli). Touristen nahmen früher viel Sand als Souvenir mit. Der Strand wurde deshalb von der Verwaltung des Nationalparks gesperrt. Leider ist heute nur noch ein schwach rosa Farbton zu sehen. Die rosa Farbe wurde durch pulverisierte Muschelschalen verursacht.
 
Achtung! Es ist unter Strafe verboten, Sand von den Stränden Sardiniens mitzunehmen.
 
Dann ging die Reise weiter zur Insel Spargi, wo wir einen 2. Badeaufenthalt hatten. In der „Piratenbucht“ konnten die Reisenden baden, schwimmen oder auf den Granitfelsen herumkraxeln oder an Bord bleiben (Paula blieb dort).
 
Unsere Reiseleiterin erzählte, dass hier früher Wildschweine hausten (sie sollen angeblich von anderen Inseln herübergeschwommen sein, aber das ist wohl eine Fabel, vielleicht wurden sie von einem Zweibeiner dorthin gebracht). Die Touristen fütterten diese Tiere mit Nahrungsmitteln. Sie wurden so zutraulich, dass sie immer an den Strand kamen, um zu betteln. Als Touristen auch mal gebissen wurden, hatten diese Tiere ausgespielt und wurden von der Insel verbannt. So blieb mir der Anblick von eingesperrten, grunzenden Schweinen erspart.
 
Da das Meerwasser für meine Verhältnisse noch zu kalt zum Baden war, bevorzugte ich ein Fussbad und wanderte kurz im Wasser in Strandnähe herum. Einige Touristen wagten sich hinein. Sie schrien beim Eintauchen immer auf, wenn sie die Kälte spürten.
 
Dann machte ich mich auf den Weg, die Granitfelsen in der Bucht zu besteigen. Auf schmalen Pfaden ging es zunächst aufwärts, dann schritt ich über die zum Teil glatt polierten Granitfelsen, die eine etwas raue Oberfläche hatten. Dadurch wurde ein Abrutschen verhindert. An mehreren Stellen huschten Mauerechsen über die Steine. Ich schritt unvermindert weiter und gelangte auf einen schmalen Pfad, der auf ein Plateau führte. Von dort hatte ich einen herrlichen Blick auf die malerische Bucht. Danach ging ich wieder zurück und erkundete die andere Seite der Felspartie. Hier entdeckte ich einige schöne Exemplare Gazania, die ich dann auch fotografierte.
 
Bemerkenswert waren die erstaunlichen Granitformationen auf der Insel oder auch anderswo. So gab es Phantasiegebilde in Form eines Hundes, einer Hexe oder eines Bären. Östlich von Palau am Capo dÒrso sahen wir vom Schiff aus die Form, die wie ein Bär aussah.
 
Die Felsen wurden durch den Wind und Regen geschaffen. An einigen Felsen waren Löcher und Hohlräume zu erblicken.
 
Die Rückfahrt führte uns an Punta Sardegna und Palau vorbei wieder nach Baia Sardinia. Ein wunderschöner Ausflug fand hier sein Ende. Dieser wird uns noch lange in Erinnerung bleiben. Ich dachte mir, wozu in die Ferne reisen, denn die „Karibik“ liegt so nah.
 
Und das sagte Paula: „Ich kann mir vorstellen, dass so mancher, der an diesen herrlichen Stränden baden kann, für alle anderen Strände nicht mehr so eine Begeisterung aufbringt, und vielleicht trauert auch so mancher Reiseleiter/in diesen Inseln nach, wenn sie woanders eingesetzt werden.“
 
Anhang
Reisetipps
Anreise: Wer mit dem Auto anreisen möchte, kann in Genua oder Livorno die Fähre benutzen. Zielflughäfen auf Sardinien sind der Aeroporto Olbia-Costa Smaralda bei Olbia, der Aeroporto Internazionale Cagliari-Elmas bei Calgiari und der Aeroporto Alghero-Fertilia bei Alghero.
 
Saison: Es empfiehlt sich die Vor- oder Nachsaison, weil in den Ferienwochen von Juli bis Mitte September zu viele Italiener die Insel besuchen. In dieser Zeit sind die Hotels und Ferienwohnungen völlig ausgebucht. Und auch die netten Angestellten haben viel zu tun. Wir als Urlauber würden auch in Stress geraten, wenn wir zu lange auf unser Trinken oder Essen warten müssten.  In der Vor- und Nachsaison sind die Unterkünfte preisgünstiger.
 
Die Vorsaison ist für Freunde der Flora sehr zu empfehlen, weil im Frühling die meisten Pflanzen blühen.
 
In der Vorsaison sind in manchen Hotels keine deutschen Zeitungen zu haben. Wir kauften solche dann in diversen Läden in Nachbarorten nach den Ausflügen.
 
Bus und Taxi: Auf Sardinien gibt es zwar Busverbindungen, aber in unserem kleinen Ort sahen wir keine Haltestelle. Die Busse halten an einer Haltestelle mit dem Hinweis Fermata a richiesta nur, wenn man ein Handzeichen gibt. Es verkehren Schulbusse, doch zukünftig wird der Busverkehr zumindest während der Hauptferienzeit verbessert. Wer herumreisen möchte, um Land und Leute kennenzulernen, sollte sich ein Auto mieten oder bei kurzen Strecken eine Taxifahrt organisieren. Die Taxigebühren sind relativ teuer. So kostete eine einfache Fahrt von unserem Hotel aus in das 4 km entfernte Porto Cervo 25 Euro.
 
Temperaturen: Die Vorsaison hat angenehme Temperaturen, das Baden ist im Meer ist für manche Menschen noch nicht angenehm. Bei den im Mai erlebten Temperaturen brauchten wir keine Klimaanlage einzuschalten.
 
Klimadaten für Cagliari: Lufttemperatur im Mai tagsüber um 23 °C, Wassertemperatur im Mai um 17 °C; 9 Sonnenstunden pro Tag und 2 Regentage. Im Juli/August steigt die Tagestemperatur auf 31 °C und die Wassertemperatur auf 23‒24 °C.
 
Telefon: Internationale Vorwahlen: Italien 0039, Deutschland 0049, Österreich 0043, Schweiz 0041. In Italien ist die Ortskennzahl fester Bestandteil der Telefonnummern und muss immer (einschliesslich der 0) mitgewählt werden. Bei Handy-Nummern fällt die 0 weg. Die Benutzung von Mobiltelefonen ist in ganz Italien möglich.
 
Reiseproviant: Reiseproviant und Getränke sind in Supermärkten günstig zu bekommen. Supermärkte gibt es in kleineren Orten nicht. Wir mussten beispielsweise bis zum nächsten Supermarkt 20 Minuten laufen.
 
Trinkgeld: In Italien sind 10 bis 15 % Trinkgeld üblich.
 
Internet
 
Literatur
Gafner, Uta: „Korkenproduktion auf Sardinien: sortieren, sortieren ...“, „Schweizerische Zeitung für Obst-Weinbau“, Nr. 14/2005. Dieser Artikel ist auch im Internet unter www.agroscope.admin.ch oder mit Google unter den entsprechenden Stichworten nachzulesen.
Nenzel, Nana, Claudia: „Sardinien“ (ADAC Reiseführer), ADAC Verlag, München 2010.
Ohne Autorenangabe: „Sardinien – Die Insel und ihre Seele“, Edizioni Fintoys, Olbia 2007.
 
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