Textatelier
BLOG vom: 19.06.2012

Kaffee: Der Türkentrank aus dem Kongo. Wunderdroge?

Autor. Richard Gerd Bernardy, Dozent für Deutsch als Fremdsprache, Viersen/Niederrhein D
 
Können Sie sich an das Lied erinnern oder haben Sie es schon einmal gehört: 
„C-A-F-F-E-E,
trink' nicht soviel Kaffee.
Nicht für Kinder ist der Türkentrank,
schwächt die Nerven, macht dich blass und krank.
Sei doch kein Muselman,
der das nicht lassen kann."
(Carl Gottlieb Hering (1776–1853) 
Alles Unsinn, sagen die Wissenschaftler heute, Kaffee ist eine wahre Wunderdroge. Er verringert das Krebsrisiko, z. B, Haut- und Prostatakrebs; beugt Depressionen vor, kann Muskelkater bei Männern, die Bildung von Gallensteinen und die Gefahr eines Schlaganfalls verringern, schützt vor Diabetes 2 und kann dem Befall von Staphylococcus aureus vorbeugen.
 
Ich vermisse bei diesen Angaben, die meistens nicht die genauen Untersuchungsdetails wiedergeben, Hinweise darauf, ob es Unterschiede gibt, wie Sie Ihren Kaffee trinken, mit viel oder wenig Zucker oder Süssstoff, mit oder ohne Milch.
 
Wie auch immer, die Befürchtungen, die im 19. Jahrhundert noch bestanden haben, sind damit ausgeräumt. Bei manchen Menschen kann der Kaffeegenuss dennoch zu Herz- und Kreislaufbeschwerden führen, und es wird empfohlen, ihn nicht kurz vor dem Schlafengehen zu trinken.
 
Ein „Türkentrank“ ist der Kaffee, wie die folgende Geschichte erzählt: Im Sommer 1683 belagerten die türkischen Truppen 3 lange Monate Wien. Die siegverwöhnten Türken konnten die Stadt aber letztlich nicht einnehmen. Sie wurden von den Truppen des deutschen Kaisers geschlagen und mussten ihre Belagerungs-Quartiere fluchtartig verlassen. Als die Kommandeure der deutschen Armee die Lager durchstöberten, fielen ihnen grosse Mengen Kaffee in die Hände. http://www.artikelchef.de/nicht-fuer-kinder-ist-der-tuerkentrank/. Schon 2 Jahre später gab es das erste Kaffeehaus in Wien.
 
Dabei kommt der Kaffee ursprünglich gar nicht aus der Türkei, sondern aus dem Kongo, dem Sudan und Äthiopien. Inzwischen wird Kaffee in vielen Ländern der Erde angebaut, vor allem zwischen dem 10. bzw. 23. nördlichen und dem 25. südlichen Breitengrad, je nach Kaffeeart. Im Weltdurchschnitt liegt der Ertrag je Hektar bei rund 680 kg Kaffee. Die Spannweite reicht von 33 kg in Angola über 169 kg in der Elfenbeinküste, 425 kg in Mexiko, 820 kg in Kolumbien, in Indien 900 kg, 1010  kg in Brasilien, 1465 kg in Vietnam bis hin zu 1620 kg in Costa Rica. Im brasilianischen Bundesstaat Bahia sind neue Plantagen angelegt worden, auf denen 4200 kg je Hektar geerntet werden können. Ein einzelner Kaffeebaum bringt nicht mehr als 1 bis 2 Pfund Rohkaffee im Jahr. Kaffee wird zu 95 % als Rohware exportiert, muss also noch geröstet werden.
 
Die grossen Kaffeeanbieter wie Tchibo, Melitta und Dallmayr, aber auch die Supermarktketten (der bei Migros angebotene Utz certified Kaffee kommt u. a. aus Vietnam, Honduras und Brasilien), bieten entweder eine Kaffeemischung oder eine reine Sorte an. Nicht immer sind die Sorten auf den Kaffeepackungen oder im Geschäft angegeben. Die beiden wichtigsten Sorten sind Arabica und Robusta. Wie unterscheiden sich die Sorten?
 
Arabica hat einen Weltmarktanteil von ungefähr 60 % des produzierten Kaffees. Diese Bohnensorte, die nur die Hälfte des Koffeins im Vergleich zur Robusta-Bohne enthält, ist vor allem wegen ihres Aromas beliebt und berühmt geworden.
 
Der Geschmack ist in der Regel leicht süsslich, die Bohnen selbst enthalten im Vergleich zu anderen Sorten relativ wenig Säure und Koffein. Natürlich gibt es zahlreiche Ab- und Unterarten, die für spezielle handelsübliche Marken individuell gemischt werden.
 
Zu den reinen Sorten, die als besonders edel gelten, zählt zum Beispiel der „Blue Montain Coffee“ aus Jamaika: Er wächst dort auf besonders fruchtbarem Vulkanboden, hat ein volles Aroma und schmeckt dabei doch weich und mild – und ist entsprechend teuer. Ähnliches gilt für den hawaiianischen Kona-Kaffee. Er hat einen leicht nussigen Geschmack, eine leichte Säure und wird ebenfalls auf Vulkanboden angebaut: an den Hängen des Mauna Loa im westlichen Kona-Distrikt auf Hawaii.
 
Robusta hat zirka 36 % Anteil an der Weltproduktion. Optisch unterscheidet sich diese Bohnensorte durch einen geraden Einschnitt in der Bohne von der Arabica mit gewelltem Einschnitt. Von den Farmern wird diese Sorte vor allem wegen ihrer Widerstandsfähigkeit gegenüber Kälte und Luftfeuchtigkeit, ihrer kürzeren Reifungszeit (gegenüber der Arabica) und dem höheren Ertrag geschätzt. Sie stellt aber hohe Anforderungen an Klima, Boden und Pflege und gedeiht fast ausschliesslich in hochgelegenen Anbaugebieten zwischen 900 und 1800 Metern über dem Meeresspiegel.
 
Dafür enthält die Robusta-Bohne aber auch doppelt so viel Koffein als Arabica und hat einen höheren Säureanteil, was auch den Geschmack erklärt.
 
Weitere Kaffeesorten und Mischungen
Excelsa gilt als Bohnenrarität, wurde 1904 am Tschadsee gefunden. Sie hat von allen Bohnensorten den kräftigsten Wuchs und vor allem die Fähigkeit, auf trockenerem Boden gut zu gedeihen und auch in regenarmen Jahren einen befriedigenden Ertrag zu erwirtschaften, zeichnet sie aus. Dennoch nur etwa 1 % Anteil an der Weltproduktion.
 
Stenophylla: Die besonders kleinblättrige Pflanze aus Westafrika (Guinea und Sierra Leone) kann in bis zu 700 m Seehöhe angepflanzt werden. In Sierra Leone wird mit dieser Sorte der bekannte „Highland Coffee“ hergestellt. Die Bohnen sind rund und gross, die Früchte werden bei der Reifung schwarz.
 
Kopi Luwak: Als seltenste Kaffeesorte der Welt gilt der indonesische Kopi Luwak: Schleichkatzen fressen Kaffeekirschen und scheiden Bohnen aus, deren Geschmackseigenschaften sich durch Fermentation im Darm der Tiere verändert haben.
 
Espresso setzt sich aus verschiedenen Arabica-Sorten und einem kleineren Anteil Robusta-Bohnen zusammen. Der typische Espresso-Geschmack entsteht aber vor allem durch das besonders intensive Röstverfahren der Bohnen – deshalb enthält Espresso übrigens auch sehr viel weniger Koffein als andere Sorten. Espresso darf nicht zu fein gemahlen werden, weil sonst das Wasser in der Kanne zu langsam durch das Pulver gepresst wird und der Kaffee dann bitter schmeckt.
 
Mokka kommt meistens aus dem Jemen und Äthiopien; die Stadt Al Mukah im Jemen gab ihm auch seinen Namen. Typisch ist die kräftige Röstung, die jene des Espresso noch übersteigt. Die Bohnen werden schliesslich staubfein gemahlen und das entstandene Pulver in der Stielkanne 3 Mal aufgekocht.
 
Wiener Mischung: Im Grunde handelt es sich hier auch wieder um eine Arabica- Mischung – allerdings werden die Bohnen etwas dunkler als für normalen Kaffee geröstet, aber noch etwas heller als für Espresso. Das ergibt dann die typische „Wiener Mischung“, international auch als „Vienna Roast“ bekannt. Eine Variante ist die Röstung zusammen mit Zucker, die dann ein wenig nach Karamel schmeckt und vor allem als „Wiener Melange“ im Umlauf ist.
*
Mein indischer Freund möchte einem Bekannten aus Kerala helfen, den dort geernteten Kaffee nicht nur in arabischen Ländern, sondern auch in Deutschland zu verkaufen. Ich unterstütze ihn dabei, ein Angebot zu erstellen.
 
Die grossen Kaffeehersteller mischen ihren Kaffee. Beispielsweise wird  bei Tchibo 100 % Arabica von Lieferungen aus verschiedenen Ländern der Erde angeboten, und durch die unterschiedlichen Anbaugebiete bekommt der Kaffee der Anbieter mit dem als Betriebsgeheimnis gehüteten Mischungsverhältnis jeweils seine eigene Geschmacksrichtung.
 
Die dicht bewachsenen grünen Berge von Südindien zeigen der Welt viel mehr als ihre Schönheit, sie beherbergen die grössten Kaffeeplanatagen von Indien. Man findet sie in den Bergen von Mysore, Coorg, Hassan, Chickmaglur, den Nilgiris, Yercaud, den Palani Bergen und Wayanad. Alle diese Plantagen produzieren qualitativ hervorragenden Kaffee. Das hängt auch mit dem für den Kaffeeanbau vorzüglich geeignetem Klima, dem fruchtbaren Boden, der wissenschaftlichen Kultivierung und der strengen Qualitätskontrolle zusammen. Hier wird der beste milde Kaffee der Welt produziert, mit einem reichen, weichen und vollem Aroma. Der Kaffee ist unter den Namen „Mysore-Kaffee“ oder auch „Malabar-Kaffee“ bekannt.
 
Indian Monsooned Malabar Kaffee: Der Begriff „Monsooning“ erinnert an „Monsoon“ und bezieht sich auf die Winde an der Malabar-Küste, der Südwestküste Indiens am Indischen Ozean. Nach der Ernte werden die Kaffeebohnen dem Wind und dem Regen der Monsoon Saison ausgesetzt. Das feuchte Monsunklima bewirkt Veränderungen in Gewicht, Farbe und Aroma der Kaffeebohne, insbesondere bewirkt das Klima einen einzigartig weichen und säurearmen Geschmack.
 
Wir werden sehen, ob ein Vertrieb in Deutschland klappt. Vielleicht gibt es dann irgendwann einmal ein Kaffeeangebot, auf dem der oben genannte Begriff steht.
 
Und was für einen Kaffee trinken Sie gerade?
 
Internet-Hinweise
 
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