Textatelier
BLOG vom: 14.03.2005

Die Schnitzelbänkler und das Tolle an meinem Alter

Autorin: Lislott Pfaff

Gestern Sonntag, den 13. März 2005, war ich am "Bummel" der Liestaler Schnitzelbänkler. Wir fuhren mit der Gondelbahn von Reigoldswil im Kanton Baselland auf die am Fuss des Passwang auf 943 m ü. M. gelegene Wasserfalle. Strahlender Sonnenschein und schneeweisser Schnee allüberall − unsere Gondel schwebte an zauberhaft verschneiten Märchenwäldern vorbei, um in der Station Wasserfalle sanft zu landen. Auf der Heimfahrt mieteten einige einen Schlitten, mit dem sie wieder ins malerische Reigoldswilertal hinunterglitten. Ich staune immer wieder über die landschaftliche Vielfalt in unserem kleinen Kanton (wie auch in unserem kleinen Land Schweiz). Da fällt mir jeweils das Zitat von Goethe ein: "Willst du immer weiter schweifen? Sieh, das Gute liegt so nah!" (obwohl bekanntlich gerade Goethe ein unermüdlicher Reisender war).

Wir waren, wie gesagt, eine Gruppe von etwa 2 Dutzend Schnitzelbänklern aus Liestal (siehe dazu das Blog vom 14. Februar 2005: "Zentrale Basler Frage: Ist Frau Fasnacht ein Mann?"), die sich − ausser 3 Bänklerinnen und einigen Nicht-Bänklerinnen − nur aus Männern zusammensetzte. Ich war neben einem weiblichen Duett die einzige Frau, die dieses Jahr an der Fasnacht in Liestal als Solosängerin "gebänkelt" hatte. Dazu die älteste der Bänkler, wobei diese sich mit wenigen Ausnahmen im fortgeschrittenen Altersbereich bewegen. Und ich wurde vor allem von den anwesenden jüngeren Fauen entsprechend bestaunt: "Toll, dass du in deinem Alter noch den Mut hast . . ."

Ich durfte mir nicht anmerken lassen, wie gottvergessen "hässig" (mürrisch, verdriesslich) mich diese ständigen Anspielungen auf mein Alter machten. Schliesslich ist man auch in meinem Alter noch eitel und möchte nicht immer an die Falten und Fältchen erinnert werden, die das weise Antlitz zieren. Ich versuchte, meinen lieben Geschlechtsgenossinnen zu erklären, dass ich in meinem Alter sowieso keine Hemmungen mehr und auch nichts mehr zu verlieren habe − ausser dem Leben. Deshalb brauche ich auch keinen besonderen Mut für solche Narreteien. Ausserdem sieht man ja dank "Larve" (Maske) vor dem Gesicht zur Fasnachtszeit die Wahrheit nicht. Ich kann mich also in meinem Verhalten (Frechheit usw.) so jung wie vor 50 Jahren geben, und ich kann nur sagen: Das ist ein erhebendes Gefühl . . . Aber meine Gesprächspartnerinnen wollten dies einfach nicht begreifen.

Besteht der Mensch denn nur aus seinem Alter? Muss ich jetzt bis zum Tod auf mein Alter festgenagelt werden und wenn möglich nur das tun, was jeweils in den Rahmen meines Alters passt? Verdeggel − nein, das passt mir gar nicht. Zum Teufel mit meinem Alter und allem, was damit zusammenhängt oder als damit zusammenhängend erachtet wird! Ich werfe jetzt mein Alter über den Gartenhag und tue dergleichen, als wüsste ich nicht, wie alt (nämlich 74 Jahre) ich bin − und das mit oder ohne "Larve" . . .

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