Textatelier
BLOG vom: 23.03.2017

Von Schmugglern, Trickdieben und Internetgaunern

Autor:  Heinz Scholz, Wissenschaftspublizist, Schopfheim D

 

In früheren Blogs berichteten Rita Lorenzetti-Hess und ich über Trickdiebe, Geldbörsenklauer, falsche Goldringe, Enkeltricks und über andere Gaunereien. Sehr treffend titelte Rita Lorenzetti-Hess ihren Blog vom 22.03.2006 so: „Stehlen ist keine Tugend, die Schamlosigkeit schon.“

Die Tageszeitungen sind immer wieder voll von Berichten über Gaunereien, Tricks und Überfällen. Die Gauner sind nicht blöd, sie denken sich auch neue Tricks aus, um an Geld oder Schmuck zu kommen. Aber sie versuchen immer wieder den altbewährten Enkeltrick. Jetzt wurde ein Pole verhaftet, der als Kopf der „Enkeltrick“-Mafia in Deutschland gilt. In Deutschland, Österreich und in der Schweiz erbeutete er viele Millionen von älteren Menschen. Er gab sich als Enkel oder Neffe aus und bat die „Verwandten“ wegen einer Notlage um grosse Geldsummen.  Insgesamt wurden tausend Anzeigen wegen Betrugs eingereicht.

Nicht neu ist der Klau von Geldscheinen aus Brieftaschen. Dazu ein Beispiel aus der „Badischen Zeitung“ vom 16.03.2017:

Älterer Mann wird Opfer eines Trickdiebes
Ein 78-jähriger Mann wurde in Schopfheim von einem 28 bis 30 Jahre alten Mann mit „ausländischem Aussehen“ angesprochen und gebeten, ihm doch eine 2-Euro-Münze zu wechseln. Daraufhin zog der hilfsbereite Mann seine Geldbörse und wühlte nach Kleingeld. Diesen Moment nutzte der Bursche und entnahm geschickt die in einem Fach befindlichen Geldscheine im Gesamtwert von 300 Euro. Der Betagte merkte den Diebstahl erst als der Dieb verschwunden war.

Bin arm und habe Hunger
Auch die Bitte um eine Spende mit einem Hinweis auf einen Zettel wird immer wieder praktiziert. Ein Jugendlicher streckte einer Bekannten in Schopfheim einen Zettel mit der Aufschrift „Bin arm und hungrig, bitte um eine Spende“ entgegen. Die hilfsbereite Frau hatte ein Erbarmen mit dem Bettler und gab ihm 2 Euro. Der Betrag war ihm zu niedrig und er forderte lautstark mehr. Seine Bitte wurde nicht erfüllt. Die Frau war danach ziemlich ungehalten und sie wird, wie sie mir sagte, in Zukunft solchen Aufforderungen nicht mehr nachkommen.

Ein früherer Arbeitskollege, der in Südfrankreich seinen Urlaub verbrachte, erbarmte sich und gab einem Bettler 1 France. Dieser war erbost und forderte mehr France, die er natürlich nicht erhielt.

Gaunereien im Internet
Heute nutzen viele Betrüger das Internet. Ich erhalte regelmässig Benachrichtigungen von Erbschaften und angeblichen Gewinnen. Erst vor einigen Tagen meldete sich eine Deutsche in einer E-Mail. Sie hat, wie sie bekundete, in Indien ihren Mann durch Tod verloren und 4,8 Millionen geerbt. Sie suchte einen Zuverlässigen, der das Vermögen zu 2/3 durch wohltätige Aktionen sinnvoll ausgibt und er selbst dafür 1/3 der Erbschaft erhält. Da wäre ich auf leichtem Wege zum Millionär geworden. Aber Achtung! Oft wird dann eine Vorauszahlung durch einen Anwalt, der die Angelegenheit abwickelt, gefordert. Meine Frau sagte zu mir, wenn die Dame wirklich so viel Geld hat, warum spendet sie die Summe nicht gleich selbst? Was blieb mir übrig, als solche Ankündigungen zu löschen. Aus Afrika erhielt ich schon früher ähnliche Angebote. Ich vermute, dass sich Tausende melden und freiwillig die Anwaltskosten bezahlen. Da kommt dann eine erkleckliche Summe für den Organisator zustande.

Auch sogenannte Gewinnbenachrichtigungen trudeln öfters ein. Da muss ich insgeheim lachen, da ich an solchen Gewinnaktionen gar nicht teilgenommen habe. Ich lösche solche E-Mails mit dubiosen Versprechungen gleich.

Schauspieler wurde betrogen
Wie dpa am 20.03.2017 meldete, bestellten Betrüger im Namen von Axel Prahl (56) Waren im Internet. Eine Inkassofirma forderte für Spielsachen und Klamotten  4000 Euro vom Schauspieler. Er habe über Monate beweisen müssen, dass er die Waren nicht selbst bestellt habe.

In meinem Archiv entdeckte ich noch einige Episoden über Gaunereien aus vergangener Zeit. Spitzbuben und Gauner gibt es zu allen Zeiten.

Kaminkehrer ohne Glück
Kaminkehrer (Schornsteinfeger) bringen in der Regel Glück, sagt der Volksmund. Dies muss jedoch nicht bedeuten, dass der russgeschwärzte Kaminputzer auch Glück haben muss. Was einem Kaminfeger in Oftersheim (Landkreis Schwetzingen, Nordbaden) widerfuhr, geht kaum auf die berühmte Hutschnur. Der besagte Feger stellte sein Fahrrad ab, ging von Haus zu Haus und verrichtete seine Arbeit. Als er sein Fahrrad abholen wollte, fehlten das Vorder- und Hinterrad. Der Dieb hatte die beiden Räder ganz legal erworben, denn an diesem Tag standen riesige Sperrmüllberge vor den Häusern. Hatte doch ein radbegeisterter Mann geglaubt, das Rad wäre Sperrmüll. Eine Hausbewohnerin gegenüber konnte den aufgelösten Schornsteinfeger beruhigen, denn sie wusste, wer die Räder „geklaut“ hatte. Hocherfreut ging der Mann zum „Dieb“ und verlangte die abhanden gekommenen Fahrradteile zurück. Diese bekam er auch ohne Schwierigkeiten. Frohgelaunt ging er mit den Reifen an den Tatort zurück. Er sah schon im Geiste, wie er das Rad zusammenbastelte und fröhlich seine Runde weiterführte. Als er jedoch ankam, durchfuhr ihn ein Schreck, denn das Fahrradgestell war weg. Ebenfalls die Müllberge. Hatten doch die gründlichen Müllmänner sämtliche Gegenstände auf dem Bürgersteig ratzeputz verschwinden lassen.

Geklaute Äpfel
Michael Armbruster (1830−1920), später erfolgreicher Geschäftsmann in Offenburg, wollte ursprünglich Bäcker werden. Er beendete jedoch die Lehre frühzeitig. Die Entscheidung wurde ihm durch folgenden Vorfall leicht gemacht: Arme Buben klauten bei seinem Meister Äpfel, diese wurden von ihm erwischt und bestraft, bettelnde Kinder wurden immer wieder abgewiesen. Michael sah dies und meinte: „Wenn ein Bäcker armen Kindern nicht ein paar Äpfel geben kann, ist das Bäckerhandwerk nicht rentabel.“ Michael wurde Müller und übernahm später eine Brauerei.
Quelle: „Offenburg: Aus der Geschichte einer Reichsstadt“ von Dr. Kähni , Verlag Dr. Franz Burda, Offenburg 1952.

Anmerkung: In der Nachkriegszeit war ich mit einigen anderen Kindern auf Diebestour. Wir waren scharf auf Äpfel. So mancher kletterte auf Obstbäume und entwendete die schönsten Äpfel. Auch auf Walnüsse (Baumnüsse) hatten wir einen unheimlichen Naschdrang. Wir hatten Glück, dass uns kein Bauer erwischte.

Was die Grossmutter schmuggelte
Die Grossmutter war eine Wiesentälerin (Landkreis Lörrach) und ab und zu zog es sie nach Basel. Dabei kam es vor, dass sie so manches, wie Alfred Gerber berichtete, schmuggelte. „Wollte die Dame einen neuen Hut in Basel erstehen, wurde ein alter Hut aufgesetzt“, so der Berichterstatter, „und mit nicht geringer Vorfreude reiste man nach Basel. War dann so ein Monstrum erstanden, so mit viel Blumen und Bändchen drauf, wurde er gleich aufgesetzt, und der alte Hut flog über die Mittlere Rheinbrücke.“
Des Weiteren schildert er ein Erlebnis von einer Fuhrhaltersgattin aus Zell im Wiesental, die in Basel auf die geschilderte Art einen Hut erstand und so ohne Schwierigkeiten den Zoll passieren konnte. Kaum zuhause, baute sie sich vor ihrem Ehemann auf. Als dieser nichts sagte, beschwerte sie sich, weil er ihren neuen Hut nicht beachtete. Der Ehemann sagte lapidar: „Diesen Deckel hast du doch schon jahrelang auf, was soll da Besonderes dran sein?“ Die Frau wurde bleich und schnappte nach Luft. Sie hatte in Gedanken ihren alten Hut aufbelassen und den neuen in den Rhein geworfen.

Die Grossmutter schmuggelte auch Kaffee. Als der Zöllner die Grossmutter fragte, ob der Kaffee geröstet oder ungeröstet sei, antwortete sie frech: „Nein, ungeröstet!“ Was blieb dem Beamten übrig, als die Frau gehen zu lassen. Die Mutter, die dabei war, machte der Grossmutter Vorwürfe und meinte, wie könne sie „ungeröstet“ sagen, wenn man den Kaffeeduft in der ganzen Zollhalle riecht. „Nun, das hätte ja der Zöllner auch riechen müssen, und seine Frage wäre überflüssig gewesen“, stellte sie fest. Zu jener Zeit war nämlich eine kleine Menge ungerösteter Kaffee zollfrei.

Quelle: „Wie´s einstens war zu unsrer Zeit“, von Paul Löcher (Hrsg.), Schwabenverlag, Ostfildern 1980.

Hinweis auf weitere Blogs über Diebstähle und Spitzbuben
14.11.2012: Trickbetrüger: Falsche Goldringe und betrogene Anleger
28.06.2007: Diebstähle (2): Räuberischer Opa mit lilafarbenem Fahrrad
20.06.2007: Diebstähle (1): Von all den kleinen und grossen Spitzbuben
22.03.2006: Stehlen ist keine Tugend, die Schamlosigkeit aber schon

 


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