Textatelier
BLOG vom: 03.06.2017

Die Bärwurz - nicht nur als Schnaps bekannt.

Autor: Heinz Scholz, Wissenschaftspublizist, Schopfheim D

 


Blühende Bärwurz
 

Während unseren Wanderungen im Feldberggebiet und auf dem Zweistädteblick (Schönau und Todtnau) im Mai sahen wir viele blühende Exemplare des Bärwurzes. Die Pflanze mit ihren weissen bis leicht violetten Blüten ist mir bisher nicht sonderlich aufgefallen, da wir immer nur von den grünen Laubblättern rochen und auch naschten. Besonders intensiv stiegen uns die ätherischen Öle beim Reiben der Blätter in die Nase.

Die Bärwurz (Meum athamanticum) ist ein Doldenblütler. Das feine dillähnliche Laub und die Wurzeln haben einen kräftigen Geschmack dem Fenchel ähnlich. Man kann das Kraut als Salatbeilage, zur Herstellung von Kräuterkäse, Kräutersalz und Kräuterquark verwenden. Im Erzgebirge ist die Bärwurz Bestandteil der „Köppernickel-Suppe“.

Brennereien im Bayerischen Wald sind besonders erpicht auf die Wurzel, und sie stellen daraus den Bärwurz-Schnaps her. Der Bärwurz-Schnaps wird in zylindrischen, braunen Steingut-Flaschen in verschiedenen Trinkstärken (40 bis 50 %) verkauft.
Im Fichtelgebirge werden die Samen der Bärwurz gesammelt, mazeriert und destilliert. Der Bärwurzgeschmack bleibt erhalten, jedoch fehlt der wurzelige Geschmack.

Für die Wildsammlung bedarf es eine Genehmigung, da die Bärwurz im Bayerischen Wald geschützt ist.

Zum Schutz der heimischen Flora wird die Bärwurz auch angebaut. Thomas Lehner aus D-94527 Aholming (Niederbayern) stellt hohe Anforderungen an seine Bärwurzeln. So toleriert er u.a. keine Pestizidrückstände und keine Schwermetallrückstände. Wie er betonte, werden die Bärwurzeln erst nach 5 Jahren geerntet. „Je älter, desto besser, berichten Bärwurz-Brenner.“
 
Manche Hersteller verwenden nicht die Wurzeln des Bärwurzes, sondern die des Mutterwurzes (Ligusticum mutellina).

 


Illustration Meum athamanticum
 

Vielseitige Heilwirkung
In der Volksmedizin wird die Wurzel bei Blähungen, Verstopfungen, Leber-, Nieren- und Blasenleiden und bei Magenbeschwerden angewandt. Die Bärwurz wird heute auch in der Hildegard-Medizin  eingesetzt. Den von ihr begründeten Bärwurz-Birnenhonig empfahl sie bei Migräne. In ihrer „Physica“ schrieb sie: „Dieses Mittel vernichtet alle üblen Säfte im Menschen und reinigt den Mensch so, wie ein Geschirr vom Schmutz gereinigt wird.“

Tabernaemontanus empfahl den Bärwurz in seinem Kräuterbuch von 1588 dies:
„Beerwurtzwasser getruncken/eröffnet die verstopffung der Leber/der Nieren/Harngäng/ und der Blasen/vertreibet die Geelsucht/Wassersucht/ den schmertzen der Därm und der Mutter/führet auss den Stein/treibet den/vertreibt die Harnwinde/und das tröpffingen harnen.“
Bei Kühen sorgt das Fressen des Krautes für viel Milch. Daraus könne man guten Käse im Schwarzwald und anderswo gemacht werden.

Woher kommt der Name?
Woher kommt der Name? Ein Wanderfreund bemerkte kürzlich, dass die Wurzel einem Bärenkopf ähnlich sei. Wohl falsch gedacht.  Laut „Die Pflanzennamen im Sprachschatz der Pfälzer“ kursiert eine ganz andere Bedeutung. Bärwurz ist eine Abkürzung von Gebärwurz (ahd. bëran, mhd. bërn = tragen, gebären). Der Name „Berwurtz“ taucht erstmals im 12. Jahrhundert auf.
Das Rhizom ist nämlich walzlich, lang und dick und trägt oben einen Faserschopf. Dieser ist auf der Zeichnung sehr deutlich zu sehen. Die Abbildung stammt aus dem Buch „Flora von Deutschland, Österreich und der Schweiz“ von Dr. Otto Wilhelm Thomé, 1885.
Vielleicht entstand der Name auch wegen dem Faserschopf, der einem zottigen Bärenfell gleicht.

Unter www.baerwurz.net finden Sie Rezepte, Hinweise zur Herstellung eines Bärwurzschnapses und Bärwurz in der Hildegard Medizin. Die Angaben stammen vom Bärwurz-Anbauer Thomas Lehner.

Unter https://de.wikipedia.org sind bekannte Bärwurz-Schnapsproduzenten aufgelistet.

Anhang: Bärwurz zieht ein in die Kriminalgeschichte…
Die heimliche Liebe eines Delinquenten auf ein Bärwurzschnaps sollte selbigem zum Verhängnis werden, aber so weit kam es glücklicherweise nicht. In einem mittlerweile als Klassiker beschriebenen Kriminalfall mischte ein Passauer Apotheker einen Bärwurzschnaps in einer Steingutflasche mit Gift und stellte diese dort auf, wo er die Wiederkehr der Einbrecher vermutete. Bei dem Apotheker wurde nämlich vorher schon mal eingebrochen, mit einem erneuten Einbruch rechnete er, da die Einbrecher “eine zweite Ladung” schon zum Abtransport vorbereitet hatten.
Der Apotheker bekam jedoch Gewissensbisse und machte vorab die im Haus befindlichen Polizisten auf das Gefahrenpotential aufmerksam.  Er befürchtete, dass sich die Polizisten am Bärwurzschnaps vergreifen könnten. Das Vergiften von Bärwurz sahen die Beamten aber nicht so harmlos und so kam es zur Strafanzeige gegen den Apotheker…
Quelle: Lexikon kurioser Rechtsfälle.
Anmerkung von mir: Er hätte lieber den Schnaps mit einem Abführmittel versetzen sollen. Dann wären süffelnde Polizisten und Einbrecher nicht mehr von der Toilette weggekommen. Eine Strafanzeige wäre dann wohl nicht erfolgt.

Internet
www.baerwurzquelle.de
www.kraeuter-verzeichnis.de/kraeuter/Baerwurz.shtml
www.baerwurz.net

 


*
*    *

Hinweis auf weitere Blogs von Scholz Heinz
Auf Pilzpirsch: Essbare von giftigen Pilzen erkennen
Ein bärenstarkes Museum in Gersbach
Barfuss über die Alpen
Foto-Blog: Auf geht`s zur Hohen Möhr
Foto-Blog: Vom Kleinen Rhein zum Altrhein
Fotoblog über den Schönauer Philosophenweg
Rote Bete (Rande), eines der gesündesten Gemüse
Hermann-Löns-Grab im Wacholderhain
Lüneburger Heide: Salzsau und Heidschnucken
Kutschenmuseum in Wiechs ist ein Schmuckstück
Canna verleihen einen Hauch karibisches Flair
Artenreiche Streuobstwiesen stark gefährdet
Liebe zu den Kräutern in die Wiege gelegt
Eine Hütte mit Fleischsuppe im Namen
Rätsel um die Russenbänke in Präg gelöst