Textatelier
BLOG vom: 27.08.2018

Sattsein – ein komplexes Wohlgefühl

Autorin: Claudia Meyer, Ernährungstrainerin, Gütersloh D
 


 
Unser Körper entscheidet, wann wir satt sind

Unser Körper weiss, was ihm guttut. Das hat ihm die Evolution gelehrt. Daher wohnt in uns von Geburt an auch das richtige Gefühl für Hunger und Sättigung inne, das uns sagt, wann wir satt sind. Wann wir alles haben, was wir brauchen.
Dieses Gefühl zeigt sich, wenn zwei Zentren in unserem Gehirn, das Hungerzentrum und Sättigungszentrum, bestimmte Signale auswerten und das Ergebnis positiv ausfällt. Ausgelöst werden diese Signale durch verschiedene Regulationsmechanismen, die über ein fein abgestimmtes Informationssystem gesteuert werden. Dieser Prozess dauert ungefähr 20 Minuten. Daher ist es wichtig, langsam zu essen und die Speisen gründlich zu kauen. Denn nur so können die Nährstoffe optimal aufgenommen werden und wir essen nicht mehr als wir wirklich wollen.

Die wichtigsten Sattmacher:

Ein voller Magen
Ein passend gefüllter Magen ist der Erste, der sein Sättigungssignal über seine Rezeptoren an unser Gehirn sendet. Denn ist er voll, verringert er die Freisetzung des Hungerhormons Ghrelin und somit ist auch der Hunger für Erste gestillt.

Insulin
Ebenso macht das Hormon Insulin satt und das liegt am Blutzuckerspiegel: Er ist ein wichtiger Auslöser für Sättigung, da die Bauchspeicheldrüse durch die Insulinausschüttung den Blutzucker den Weg in die Zellen ermöglicht und hierdurch eine Sättigung herbeiführt. Allerdings macht nicht jedes Lebensmittel gleich gut satt, da jedes eine andere Wirkung auf den Blutzuckerspiegel hat:

Sättigen schnell und nur kurz
Kohlenhydrate aus stark verarbeiteten Lebensmitteln sättigen schnell, aber nur für kurze Zeit. Hierzu gehören Weissmehlprodukte wie Nudeln, Weissbrot oder Kuchen sowie Süssigkeiten, Zucker und süsse Getränke. Auch Zuckerersatzstoffe zählen hierzu und somit auch Süssstoffe aus den sogenannten zuckerfreien Light- und Diätprodukten. Sättigen schnell und lange

Kohlenhydrate aus Vollkornprodukten und Gemüse sättigen schnell und lang anhaltend, da sie reich an Ballaststoffen sind. Die Ballaststoffe fungieren als Füllstoffe, die den Kaloriengehalt von Lebensmitteln strecken. Sie bewirken, dass wir die Nahrung besser und länger kauen und lassen den Blutzuckerspiegel nur langsam ansteigen.

Sättigt am längsten
Eiweiss ist der Langzeitsattmacher. Mageres Fleisch, Fisch, Eier, Käse, Hülsenfrüchte, Nüsse, Samen und Kerne lassen den Blutzuckerspiegel nur gering ansteigen. Der eigentliche Sättigungseffekt wird jedoch durch die Freisetzung des Sättigungshormon Peptid YY (PYY) angeregt, das unserem Gehirn signalisiert, dass wir genug gegessen haben.


Die guten Darmbakterien

Zum fein abgestimmten Informationssystem gehören auch die im Darm befindlichen enteroendokrinen Zellen mit ihren verschiedenen Rezeptoren, die von den Darmbakterien und Nahrungsbestandteilen besetzt werden. Und je nachdem, welche Bakterien und Nahrungsbestandteile diese Rezeptoren stimulieren, bilden sie die Hormone, die über Hunger oder Sättigung entscheiden. Sind die Rezeptoren von den guten Darmbakterien und gesunden Nahrungsbestandteilen besetzt, werden die Hormone ausgeschüttet, die unser Gehirn über Sättigung informieren. Schlechte Darmbakterien und ungesunde Nahrungsbestandteile hingegen senden die Hormone an unser Gehirn, die uns weiter zum Essen anstiften.

Das macht die guten Darmbakterien satt:
Auch die guten Darmbakterien brauchen etwas zu essen. Ihr Lieblingsfutter heisst Prebiotika. Prebiotika sind lösliche Ballaststoffe wie zum Beispiel Pektin oder Inulin aus Obst und Gemüse. Sobald die guten Darmbakterien satt sind, schicken sie ihre Sättigungsbotschaft zum Gehirn. Das dauert ungefähr 20 Minuten und entspricht eben der Zeit, die unser Gehirn braucht, um zu wissen, ob unser Körper satt ist. Denn so lange brauchen die Bakterien normalerweise, um sich zu versorgen, zu vermehren und die mit dem Stuhl verloren gegangenen Bakterien zu ersetzten. Vermutlich liegt der Grund darin, dass die Bakterien danach streben, ihre Majorität aufrechtzuerhalten. Und das können sie nur, wenn es ihnen gelingt, unserem Gehirn ihren Bedarf an Nährstoffen mitzuteilen.


Geschmacksvielfalt
Süss, sauer, salzig, bitter und umami: Jeder Geschmack übt eine andere Wirkung auf unseren Körper aus und gehört ebenso zum Sattsein dazu. In der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) werden die verschiedenen Geschmacksrichtungen auch „Botschaftsgeschmäcker“ genannt, denn so wie süsse Lebensmittel wie z. B. Hirse, Mais und einige Obst-, Gemüse- oder Nussarten die Mitte stärken und für Wohlgefühl sorgen, wirkt Bitteres appetitzügelnd und verdauungsfördernd. 

Anhang: Die Alten in Japan, darunter viele Hundertjährige, bewegen sich regelmässig und ernähren sich optimal. Auch die Verzehrsmenge dürfte entscheidend sein. So verzichten die älteren Japaner auf die letzten 20 % einer Speise, die zur Sättigung führen.

 


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