Textatelier
BLOG vom: 31.05.2005

Reaktionen auf Blogs (10): Wo Wasser kein Element sein darf

Präsentation der Leserpost: Walter Hess

Ganz unverhofft bin ich vor einigen Tagen in RDWs Elektrosmog-Diskussionsforum geraten, weil ein begeisterter Textatelier.com-Nutzer einen Absatz aus meinem Blog „Machen Handys schwachsinnig. Es scheint so“ zitiert und verlinkt hat: Franz Titscher am 18. Mai 2005, 14:35:22.

". . .Vorsicht ist die Mutter der Schädelkiste. Es geht schliesslich ums eigene Gehirn. Zugegeben: Wenn dieses ohnehin bereits nicht mehr funktioniert, kann bedenkenlos mit dem Handy weitertelefoniert werden."

http://www.textatelier.com/index.php?id=996&blognr=547

RDW ist das Kürzel von Ralf Dieter Wölfle in D-71711 Murr. Der Elektrotechniker ist der Inhaber der Seite und der Forenmaster in einer Person, sorgt für geordnete Abläufe und greift ein, wenn es (vielleicht zur Belebung der Diskussion) nötig ist, bestimmt die Spielregeln, zeigt sich liberal. In seinem Forum entbrannte wegen des erwähnten Zitats eine tagelange heftige Diskussion. Herr Titscher und das Textatelier.com wurden strikte in die esoterische Ecke verwiesen, wie auf eine Strafbank. Wir trugen es mit Fassung. Ich habe dabei gelernt, dass „Esoterik“ in schulwissenschaftlichen Kreisen ein ganz übles Schimpfwort ist. Und Esoterik aus dieser Sicht alles, was ausserhalb des schulwissenschaftlich Beweisbaren ist, und dazu gehört auch das Erfahrungswissen. Die Steigerungsformen von Esoterik sind Spiritismus und Okkultismus.

Das Element Wasser

Ich erwähne nachstehend ein Beispiel aus der RDW-Diskussion, weil dieses für den Verlauf solcher Diskussionen bezeichnend ist, vor allem dann, wenn die Wissenschaftler von aussen mit ungewohnten Gedanken konfrontiert werden und gerade keine vernünftigen Argumente aus ihrem Fachwissen oder ihren Fachbüchern hervorzaubern können. Sie stöberten zuerst einmal lange auf unserer Homepage www.textatelier.com herum, um nach Anrüchigem zu suchen, und erhöhten unsere Zugriffsquote signifikant.

Bei ihren Recherchen stiessen sie unter anderem auf Artikel übers Wasser, in dem ich nicht nur das chemische Molekül H2O zu erkennen vermag, sondern ein Lebenselement, das auch ein hervorragender Informationsträger ist. Ein Rainer G. (Rainer Gutberlet, Toningenieur in D-Romrod) verstand wegen des Ausdrucks „Element Wasser“ die Welt nicht mehr: „So so, seit wann ist Wasser ein Element? Sie leben noch in der Steinzeit, wo man nur die 4 Elemente kannte: Feuer, Wasser, Luft und Erde!“

Da war also das wissenschaftliche Scheuklappendenken bereits wieder voll in Aktion. Ich umschrieb dies, nachdem ich etwelche einschlägige Erfahrungen eingesammelt hatte, sinnbildlich: „Dieser Elektrosmog-Fanclub ist also in einem engen Gefängnis gefangen, und er stösst deshalb immer an die Gitterstäbe, eine für alle Mitglieder sicher schmerzliche Dauererfahrung.“ Für mich war es eine wichtige Konfrontation mit diesem Schmalspurdenken, wie ich ihm noch selten begegnet bin und in dem ich eine der Ursachen für die vielen Fehlentscheidungen sehe, unter denen diese Zeit zu leiden hat. Ich versuchte, die erstarrten Denkstrukturen etwas aufzuweichen:

„Aus Ihrer wirklich beängstigend engen Sichtweise darf Wasser nicht einmal als ‚Element’ bezeichnet werden, weil es, rein chemisch betrachtet, ein Molekül, eine chemische Verbindung aus Wasserstoff und Sauerstoff, ist. Ich habe ein paar Jahre meines Lebens in der chemischen Forschung zugebracht und weiss dies noch auswendig . . . Doch habe ich mich auch ein wenig mit sprachlichen Belangen auseinandergesetzt: Das Wort Element hat etwa 9 verschiedene Bedeutungen. Eine davon ist: ‚Grundbestandteil eines Ganzen’. So einer ist das Wasser. Wie Sie vielleicht wissen, gäbe es ohne Wasser kein Leben. Sie können einen einfachen Selbstversuch anstellen und mit der Zufuhr von Wasser in jeder Form aufhören (bitte nur noch Trockenfutter herunterwürgen) und schauen, was dann passiert.

Wasser ist tatsächlich ein Lebenselement, also ein Grundbestandteil des Lebens. Diesem Element habe ich mich publizistisch immer ehrfurchtsvoll angenommen, worüber Sie den Kopf schütteln werden.“

Diese Belehrungen reichten noch nicht aus: Ein „HelmutW“ fragte nach: „Was ist jetzt Wasser? ein Molekül oder ein Element!“ Und er setzte noch einen drauf, stilrein: „Genau hier liegt das Problem der Esoterik! Sie vermischen (vertauschen) je nach Belieben naturwissenschaftliche Fakten mit esoterischen Hypothesen.“

Ich versuchte es nochmals ironisierend: „Dieses Wort ‚Element’ kann eben, abgeleitet vom lateinischen elementum, auch eine andere Bedeutung haben: Grundbestandteil (zum Beispiel des Lebens), eine Komponente. Sogar der Duden spricht vom ‚nassen Element’ als Umschreibung von Wasser. Aber wahrscheinlich ist auch der Duden ein esoterisches Buch.“

Man sieht: Bei Diskussionen geht es unter anderem um Sprach- und damit Verständigungsprobleme. Wer die Sprache in all ihren Nuancen nutzt, wird von der Wissenschaft nicht verstanden. Ich habe eingesehen, dass es nicht allein so ist, dass der Normalverbraucher die Termini technici nicht versteht, sondern – und das war für mich eine deprimierende Entdeckung – viele Fachspezialisten verstehen keine andere Sprache als ihre eigene, die fachspezifische.

Von kleinen und grossen Broten

Doch gab es auch andere Diskussionsteilnehmer mit breiterer Bildung in Gewandtheit im sprachlichen Ausdruck, so M. Hahn, der bei aller Kritik sogar Lobesworte für unsere Textatelier-Webseite fand:

„Gut programmiert, die Seite.
Aber: Backen Sie kleinere Brötchen Herr Hess.
Danke für Ihren Tipp, dass Stickstoff in Autoreifen wohl verzichtbar ist.
Danke für so schöne Artikel wie:
„Schweizer Jäger knallten u.a. 588 Birkhühner ab“
„Wie Kaugummi die Intelligenz verbessert“
Danke für ein wirklich schönes Zitat von Frau Gaigg:
„I stah uf dr Stäge und gly gaht d`Türen uf.“ Richtiger gewesen wäre: „I ha's Handy am Ohr und 's Muul gaht uf und zue."
Kein Danke, dass Sie deren ganzen Artikel als anspruchsvolle Antwort auf die Frage: Nützt oder schadet die mobile Kommunikation? gelten lassen wollen.
Backen Sie kleinere Brötchen.“

Zitat-Ende. Ich bin Hobby-Holzofenbäcker und liebe schon eher die grossen Brote, weil man mehr davon hat, weil sie weniger schnell hart werden. Vielleicht müsste man einzelnen Wissenschaftlern (ich zähle M. Hahn nicht zu diesen) raten, grössere Brötchen, ganze Brote zu backen und nicht nur Paniermehl von sich zu geben, das heisst die Bildung weit über den eigenen Fachbereich hinaus auszudehnen. Um zum Elementaren Ganzen vorzustossen.

China ist zu weit weg, das alte besonders

2 Fachwissenschaftler und Verfasser von so genannten Postings (Nachricht oder Meinungsäusserung in einem Internetforum oder einer Newsgroup) haben es als völlig absurd betrachtet, dass ich in unserer Feng-Shui-Serie auf den altchinesischen Begriff der Lebensenergie hingewiesen habe, die auf dem Wissen basiert, dass alles Energie ist (was nicht einmal Albert Einstein in seiner Relativitätstheorie ausklammern konnte). In der chinesischen Gesundheitslehre wird der Energiefluss überall beachtet und nötigenfalls gesteuert, sowohl im menschlichen Körper (Krankheiten sind laut der traditionellen chinesischen Medizin meistens Energieblockaden), in der Wohnung als auch im Garten und in der freien Natur.

Darauf fusst die zweifellos wenig weltbewegende Forderung, dass der Toilettendeckel immer geschlossen sein sollte – sonst verliert sich die Energie aus dem Haus: Feng-Shui-Wissen. Ich habe vor langer Zeit einen kleinen Artikel darüber geschrieben, der in den Wissenschaftskreisen um RDW für Hohn und Spott sorgte, weil er sich für ihr Empfinden zu tief auf dem Boden des Alltags und der Unwissenschaftlichkeit befindet: Die Diskussion lief dementsprechend anfänglich unter dem Titel „Der Deckel von Herrn Titschers Klo“. Diesen Versuch des Fertigmachens konnte ich dann mit dem Hinweis beenden, es sei auch ein Aspekt der Ordnung, wenn der Toilettendeckel nach dem Gebrauch der Anlage immer geschlossen werde. Was könnte denn dessen anderer Sinn sein? Fragen Sie Ihren Toilettenbauer oder den Sanitär!

Der Handtuchwerfer

Zu Beginn der Diskussion wurde ich von verschiedenen Diskussionsgeschädigten per E-Mail und Telefon eindringlich darauf aufmerksam gemacht, ich solle mich hier keinesfalls in einen Disput einlassen. Ich tats dennoch mit Spass an der Sache. Die Fetzen flogen. Nachdem ich das Pseudonym von Rainer Gutberlet gelüftet hatte und ihm die Argumente gerade auch noch ausgegangen waren, warf er das Handtuch: „Wissen Sie, Herr Hess, ohne Ihre Ausführungen gelesen zu haben (ist mir einfach die Mühe nicht wert − weil ich da drüber stehe!): Mit Ihnen unterhalte ich mich nicht! Ich unterhalte mich nicht mit Esoterikern – weder über naturwissenschaftlich-technische Dinge, noch über theologische/geistliche. Ich kenne Ihren Standpunkt und weiss wohin ich Sie zuzuordnen habe − Punkt, Ende!“

Urs Walter hatte auch noch Gutberlets Fachkompetenz anzuzweifeln gewagt, die Spezialisierung auf die Spitze treibend: „Ihr in diesem Forum an den Tag gelegtes Engagement ist mir auch ein bisschen schleierhaft, weil Tontechnik mit der Frage von Handystrahlung auf biologische Organismen nicht viel zu tun hat. Da wären Stellungnahmen von beispielsweise Biophysikern/Biologen eher gefragt.“

Irgendwie tat mir dieser Mann Rainer G. Leid, und ich bekundete volles Verständnis für seinen Rückzug: „Sie haben sich vielleicht etwas übernommen. Sie sind immerhin ein fairer Verlierer, der seine Niederlage offen eingesteht.“

Grenzwanderungen

Die an sich banale Geschichte wies doch ihre grundsätzlichen Dimensionen auf: So bezeichnete ich während der Diskussion meine Ausführungen (zu den Gefahren des Elektrosmogs) als nichts anderes als die persönlichen Überlegungen eines „publizistisch tätigen, kritischen Grenzwanderers zwischen Wissenschaftlichkeit und Erfahrungswissen, welch Letzteres meines Erachtens mindestens denselben Stellenwert wie die Wissenschaft hat. Ich weiss nur eines ziemlich sicher (auch dies ein Erfahrungswissen): Ein Spezialistentum kann zwar einen wertvollen Beitrag an ein grösseres Ganzes leisten, ist aber für sich allein eine Irrlehre, wenn übergreifende Bezüge fehlen.“

An ihren Leistungen sollt Ihr sie erkennen¨. . .

Die Wissenschaft sollte an ihren Leistungen gemessen werden: Was hat das wissenschaftliche Denken bewirkt? Wie ist der Zustand dieser Erde? Wie steht es ums Wohlbefinden der heutigen Menschen?

Die wissenschaftlichen Leistungen sind gerade auf technischem Gebiet enorm: Riesige Flugzeuge, die tatsächlich fliegen können, eine Informationstechnologie, die hervorragende Leistungen wie das Internet hervorgebracht hat, eine Chirurgie, die sogar Herzen verpflanzen kann (aber sich dann gleich wieder in unnützem Schabernack verrennt) usf.

All dem Glanzvollen, das aus dem akademisch geordneten Geist hervorgegangen ist, steht die Zerstörung unseres Lebensraums gegenüber. Dies geht wegen der klimawirksamen Abgase, des zunehmenden Elektrosmogs (den es aus der Sicht einzelner Wissenschaftler zwar nicht gibt . . .), die Gentechnologie usf. unverdrossen weiter. In der Schweiz sind die Krankheitskosten in der Grundversicherung 2004 wieder um 5,4 % angestiegen. Das ist die Folge davon, dass die Leute zunehmend kränklicher werden und nur noch mit Medizinen über die Runden gebracht werden. Die Krankheitskosten fressen mehr Mittel als die industriell verunstaltete, zerstörte Nahrung auf.

Das sind nur einige wenige Früchte unserer Wissenschaft und des von ihr geprägten Lebensstils. Die Folgen solcher Fehlentwicklungen nehmen auch auf dem wirtschaftlichen Gebiet im Zeichen der von den USA nach ihren Interessen geförderten Globalisierung geradezu dramatische Ausmasse an: Armut, Arbeitslosigkeit, soziale Unruhen, Kriege, Terrorismus.

Deshalb muss man Verständnis dafür haben, dass immer mehr Menschen auf alles, was mit einer Wissenschaft, die uns zusammen mit der Politik solches eingebrockt hat, zu tun hat, allergisch reagieren. Diese Wissenschaft steht – wie ein Forumsteilnehmer sinngemäss mit Recht schrieb – vor allem im Solde der Vermarktungsstrategen und nicht des Allgemeinwohls. Das daraus hervorgehende verbreitete Unbehagen hat mit der als Feindbild herumgeisternden Esoterik überhaupt nichts zu tun. Es ist vielmehr eine Auswirkung davon, dass diese Wissenschaft genau dort, wo es ums Existenzielle geht, versagt hat und versagt. Sie wird in Zukunft alle ihre Kräfte zunehmend für Schadensbegrenzungen einsetzen müssen und auch hier wieder versagen, weil vieles definitiv zerstört oder irreparabel ist.

Das Sprachproblem ist nur ein Symptom für die innere Schwäche und Hilflosigkeit einiger zu sehr in ihrem Fachbereich blockierten Schulwissenschaftler, die mit etwas Vernunft leicht aufzudecken sind. Deshalb fliessen so viele Energien nicht mehr oder in der falschen Richtung. Ein Blick möglichst weit über den Gartenhag hinaus könnte heilsam sein und zur Erhellung des Fachwissens beitragen:

Backt grosse Brote, möglichst Fünfpfünder! Und wenn immer möglich solche aus Vollkorn.

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